Schlagwortarchiv für: Sport

Sven Hannawald springt Ski vor der Kulisse der Zugspitze. (Foto: Christof Stache)

Sven Hannawald: Skisprungheld stürzt vom Siegerpodest in die Depression

Nach seinem Triumph bei der Vierschanzentournee 2002 holt ein Burnout samt Depression den Skispringer Sven Hannawald ein. Wenn er nicht rechtzeitig in eine Klinik gegangen wäre, würde er heute nicht mehr leben, ist Hannawald überzeugt.

Hallo Sven, nach dem Absprung fliegt ein Skispringer etwa drei Sekunden durch die Luft. Beim Skifliegen sind es sogar acht Sekunden. Wie fühlt sich das an?

Beim Fliegen ist das Schwerelose so besonders. Als Skispringer lebt man den Traum des Menschen, fliegen zu können – ohne Motor. Wir spielen mit den Lüften, das ist unheimlich toll und speziell. Ich wollte immer so weit fliegen wie möglich.

Warst du glücklich, nachdem dein Kindheitstraum in Erfüllung ging und du alle vier Springen der Vierschanzentournee 2002 gewonnen hattest? Vor dir war das noch keinem anderen Skispringer gelungen.

Ich habe jahrelang auf das Ziel, die Tournee zu gewinnen, hingearbeitet. Es war erlösend und befreiend, es geschafft zu haben. Als Erster einen Vierfachsieg zu holen, war unglaublich. Schon als kleiner Junge hatte ich den Traum, die Tournee zu gewinnen. Im Nachhinein habe ich aber auch gemerkt, was ich dafür meinem Körper antun musste. Nachträglich würde ich trotzdem nichts ändern. Der Gewinn war mir wichtiger als eventuelle körperliche Probleme.

„Nach dem großen Erfolg war mir alles zu viel“

Zwei Jahre nach dem Gewinn der Vierschanzentournee und einer Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City 2002 hast du die Diagnose Burnout mit mittelschwerer Depression bekommen. Nach einer Behandlung in einer Spezialklinik hast du 2005 deine Karriere als Skispringer beendet. Wie kam es zu deinem Burnout und der Depression?

Ich bin sehr perfektionistisch und ehrgeizig. Nach einem Springen oder dem Krafttraining habe ich meinem Körper zwar physische Pausen gegeben, aber keine psychischen. Ich habe immer ans nächste Springen gedacht. Das war wichtig, um zu gewinnen, aber es gab keine Balance in meinem Leben. Nach dem großen Erfolg war mir alles zu viel und ich habe mich unheimlich schwergetan, weiter dranzubleiben. Mein Körper hatte dem Erfolg zu viel Tribut gezollt.

Mit welchen Symptomen haben sich der Burnout und die Depression geäußert?

Es hat mit Müdigkeit angefangen. Normalerweise schläft man und geht in den Urlaub, um sich zu erholen. Ich habe mich nach zwei Wochen Urlaub aber immer noch so gefühlt, wie zu dem Zeitpunkt, als ich in den Flieger gestiegen und hingeflogen bin.

Früher hatte ich schon zwei Tage nach Saisonende wieder ein inneres Feuer, mit dem Training anzufangen – um mir einen Vorsprung zu erarbeiten. Von Saison zu Saison wurde der Zeitraum immer größer, bis ich wieder das innere grüne Licht bekommen habe. Da war ich dann in einer mir selbst auferlegten Bringschuld: Eigentlich müsste ich mit dem Training anfangen, aber ich hatte noch gar keine Lust.

Mein „Ich muss jetzt trotzdem trainieren“-Anspruch hat eine Unruhe in mich reingebracht. Ich war komplett überfordert, weil die Unruhe und Abgeschlagenheit sich nicht zurückzogen. Wenn ich nach oder vor einem Wettbewerb in meinem gewünschten Einzelzimmer war und eigentlich meine Ruhe hatte, kam ich mit der inneren Unruhe nicht klar.

„Ich habe anderthalb Jahre lang alle möglichen Ärzte aufgesucht“

Wie bist du mit dieser Unruhe umgegangen?

Ich wurde kirre im Kopf, weil ich nicht wusste, was ich tun sollte, damit es mir endlich besser ging. Egal, was ich gemacht habe, es wurde nicht besser. Ich hatte gar nicht die Ruhe, mich auszuruhen. Stattdessen bin ich der Unruhe gefolgt und habe eher wieder mehr gemacht, um das Gefühl der Unruhe zu übergehen.

Dann habe ich mich einen Moment gut gefühlt, weil ich was gemacht habe. Der Frust war für kurze Zeit weg, aber ich war dann noch müder. Das war ein Kreislauf, der stetig nach unten ging. Ich habe dann anderthalb Jahre lang alle möglichen Ärzte aufgesucht und keiner hat was gefunden.

Nach dem Ärztemarathon bist du in einer Klinik gelandet. Den Komiker Torsten Sträter hat es viel Überwindung gekostet, sich in Therapie zu begeben. Bei dir scheint das nicht der Fall gewesen zu sein. Warum?

Das lag daran, dass ich aus dem Einzelsport komme. Ich wusste dementsprechend, dass ich zu 140 Prozent fit sein muss oder keine Chance auf einen Sieg habe. Meine damalige Verfassung hat nicht mal für den Continental Cup, also die zweite Liga, gereicht. Ich war 30 und mir war klar, dass ich noch maximal bis 33 Skispringen kann und mir somit die Zeit davonläuft. Deshalb wollte ich keine Zeit verschwenden und das Problem direkt lösen.

„Es war tränenreich“

Wie war es in der Klinik?

Viele sagen: „Oh, bloß keine Klinik! Ich hab ja keinen an der Klatsche!“ Aber ich habe das gleich so gesehen, dass die Klinik wirklich eine neutrale Oase ist, wo ich wieder den Boden unter die Füße bekommen kann. Ich hatte dort viele gute Gespräche, wo auch meine Gefühlsebene zur Sprache kam, die ich in meiner Skisprungkarriere lange wegdrücken musste.

In der Klinik konnte ich meinem Körper und meiner Seele das geben, was sie gebraucht haben – ohne Leistungsdenken. Es war tränenreich, aber hat sich unglaublich gut angefühlt. Nach fünf Wochen war ich wieder bereit für die große weite Welt. Ich habe mich wieder gespürt und Lust gehabt, etwas zu unternehmen. Es war neues, frisches Leben in mir.

Welchen Wert misst du Freundschaften im Kampf gegen Depressionen bei?

Es ist unheimlich wichtig, Vertrauenspersonen wie Freunde und Familie zu haben, denen man sich öffnen kann. Man hat oft das Gefühl, ein Verlierer des Lebens zu sein, was aber überhaupt nicht so ist. Dementsprechend sind enge Vertraute wichtig, die einem Rückhalt geben. Meistens ist das Umfeld aber überfordert damit, alles aufzufangen und in die richtige Richtung zu arbeiten. Da gilt es dann, professionelle Hilfe zu suchen.

„Das kann nur jemand nachvollziehen, der eine Depression erlebt hat“

Der Fußball-Torwart Robert Enke nahm sich 2009 das Leben. Er hatte seit 2002 immer wieder Depressionen – hervorgerufen durch Versagensängste und Selbstzweifel. Hätte es bei dir ebenfalls so enden können?

Ja. Definitiv. Wenn ich 2004 noch mal sechs Jahre mit Skispringen weitergemacht hätte, dann wäre ich mit Sicherheit an diesen Punkt gekommen. Das kann nur jemand nachvollziehen, der eine Depression erlebt hat. Man will das ganze Psychische, was in einem rumfliegt, einfach nur loswerden. Bei mir war es nur eine kurze Zeit, wo ich das so extrem gemerkt habe. Ich bin dann zum Glück dem Rat meiner Ärzte gefolgt und in eine Klinik gegangen.

Nachdem du aus der Klinik raus warst, bist du noch einige Jahre in Therapie gegangen. Wann hast du dich wieder gesund gefühlt?

Mir hat es geholfen, mit dem Rennsport wieder eine Aufgabe zu finden. Skispringen konnte ich nicht mehr, weil mein Körper jedes Mal in der Nähe einer Schanze Stresssignale ausgesandt hat. Der Rennsport war das letzte Puzzleteil, um mich wieder glücklich zu fühlen.

Ich habe eine Aufgabe gebraucht. Davor hatte ich nichts, wo ich gemerkt habe, dass ich für etwas geschaffen bin. Ich bin morgens aufgestanden, habe den Tag genossen, gegessen und bin wieder ins Bett. Ohne Aufgabe ist es für einen Menschen einfach schwierig zu leben.

„Zeit mit meiner Familie hat Priorität“

In deinem Buch „Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben“ schreibst du, dass du jetzt auf einem soliden Fundament stehst. Was ist dein Fundament?

Meine Familie. Meine Frau und meine beiden Kinder, die ich als meine Oase ansehe. Darauf baue ich jetzt alles auf. Zeit mit meiner Familie hat Priorität. Wenn Termine mit Familienzeit oder Urlaub kollidieren, sage ich sie ab oder verschiebe sie.

In einem Welt-Interview hast du gesagt, dass du gläubig bist. Welche Rolle hat der Glaube in deinem Heilungsprozess gespielt?

Und wie wichtig ist er für dich heute? Ich bin in Ostdeutschland aufgewachsen, da war Kirche kein großes Thema. Trotzdem glaube ich, dass jemand auf mich aufpasst, mir so ein bisschen auf der Schulter sitzt und gewisse Dinge zulässt oder auch nicht. Das gibt mir das Gefühl, nicht allein zu sein, sondern meinen Weg gemeinsam mit jemand anderem zu gehen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte MOVO-Volontär Pascal Alius.

 

Anlaufstellen bei Depressionen:

Grundsätzlich ist der Hausarzt der erste Ansprechpartner für die Diagnostik und Behandlung von Depressionen. Bei Bedarf überweist er an einen Facharzt bzw. psychologischen Psychotherapeuten. In Notfällen, z. B. bei drängenden und konkreten Suizidgedanken, bitte an die nächste psychiatrische Klinik oder den Notarzt unter der Telefonnummer 112 wenden. Der Sozialpsychiatrische Dienst bietet Beratung und Hilfe für Menschen mit psychischen Erkrankungen und deren Angehörige an.

www.deutsche-depressionshilfe.de
www.143.ch
www.depression.at

Eugen Klassen und Markus Weninger (Foto: Dijana Kornelsen)

“Ich wollte nur noch in Ruhe sterben”: Zwei Hobby-Mountainbiker beim härtesten Rennen der Welt

Acht Tage, 681 Kilometer und 16.900 Höhenmeter: Das Absa Cape Epic bringt selbst Radprofis ans Limit. Markus Weninger und Eugen Klassen kämpfen während des Rennens mit der Natur und ihren Körpern.

Südafrika. Tag eins des Absa Cape Epic – dem härtesten Mountainbike-Rennen der Welt. 42 Grad. Kein Schatten. Kein Wind. Dafür unglaublich viel Adrenalin. 1040 Männer und Frauen quälen sich und ihr Mountainbike 92 Kilometer und 2850 Höhenmeter durch die Gegend um das Weingut Lourensford. Es bleibt ihnen kaum Zeit, den Ausblick auf die grünen Täler zu genießen. Rechts und links bleiben die ersten Biker am Straßenrand liegen: Dehydration – zu wenig getrunken und zu schnell losgefahren.

Erster Tag fordert Todesopfer

Einer der Fahrer wird komplett dehydriert in eine Klinik geflogen und stirbt zwei Tage später an Herzversagen. Das erzählt Eugen Klassen. Er und sein Teampartner Markus Weninger sind mittendrin im Geschehen. Beide eher Hobbybiker. Was bringt einen Projektmanager und einen Pastor dazu, sich acht Tage 681 Kilometer und 16.900 Höhenmeter durch die Hitze des südafrikanischen Herbstes zu schleppen?

Alles beginnt mit Karl Platt. Karl ist ein deutscher Mountainbiker und mit fünf ersten Plätzen Rekordsieger beim Cape Epic. Eugen und Markus kennen ihn beide über ihre Kirchengemeinde. Markus besucht ihn 2019 beim Rennen in Südafrika. Karl meint zu ihm: Fahr doch mal mit.

„Innerhalb von 40 Sekunden ausgebucht“

Einfacher gesagt als getan. Das Cape Epic ist legendär. In Südafrika kennt es jeder. Vergleichbar mit dem DFB-Pokalfinale in Deutschland. „Die Startplätze des Cape Epic sind immer innerhalb von 40 Sekunden ausgebucht“, meint Eugen. Markus ist schnell genug und er bekommt tatsächlich zwei der begehrten Plätze.

Elend fängt an

Ursprünglich soll Eugen als Koch und Logistiker dabei sein. Er hat schon bei mehreren großen Rundfahrten für Profiteams gekocht. Markus Bruder kann dann aber doch nicht mitfahren und Eugen rutscht nach. „Und dann fing das ganze Elend an“, sagt Eugen lachend.

Mindestens 4.000 bis 5.000 Kilometer sollten laut Eugen im Training gemacht werden. Zwölf Stunden in der Woche Mountainbiken. Das heißt: Auch im deutschen Winter muss der Hintern aufs Rad geschwungen werden.

Keine Zeit für Familie

Bei Regen, Minusgraden und Schneematsch geht es für Eugen durch den Odenwald – vor allem am Wochenende. Für Ausflüge mit der Familie bleibt keine Zeit. „Unsere Familien standen trotzdem voll dahinter.“ Kurz vor dem Cape Epic, mitten in der Vorbereitung, stirbt Eugens Vater an Corona. Das erschwert die ohnehin schon harte Zeit noch deutlich.

Markus und Eugen versuchen von Anfang an mehr Sinn hinter ihr Vorhaben zu bringen, unter anderem um den zeitlichen und finanziellen Aufwand vor ihren Familien und sich selbst zu rechtfertigen. „Für das Projekt haben wir 15.000 Euro ausgegeben. Unser Enthusiasmus im Sport reicht für sowas nicht. Dafür finden wir Familie zu cool und würden das Geld lieber mit denen ausgeben“, meint Eugen. Außerdem wissen beide, dass sie die sportliche Herausforderung keinen Winter lang fürs Training motivieren wird.

Spenden sammeln

Die Idee: Sie wollen das Cape Epic nutzen, um Gutes zu tun. Und zwar in dem sie durch ihre Teilnahme Spenden für zwei Hilfsprojekte – POPUP in Südafrika und Village of Eden in Uganda – sammeln. Ihr Ziel: 200.000 Euro. Zu beiden Projekten haben sie einen persönlichen Bezug.

Freunde von Eugen engagieren sich stark bei POPUP. Die Organisation hilft jungen Menschen aus der Armut heraus, unter anderem durch eine Berufsausbildung. Markus Kirchengemeinde unterstützt Village of Eden schon lange. Dort finden Waisen und bedürftige Kinder ein neues Zuhause.

„Gänsehaut“

Beim Cape Epic in Südafrika angekommen, ist Eugen überwältigt. Überall Kameras, internationales Flair, Leute von allen Kontinenten. Bisher kennt er alles nur aus dem YouTube-Livestream. Den Moment kurz vor Beginn des Rennens beschreibt er mit einem Wort: „Gänsehaut“.

Hubschrauber und Drohnen fliegen über den Fahrern und Fahrerinnen und filmen alles. „Spätestens nach der ersten Etappe verfliegt die Gänsehaut“, meint Eugen grinsend. „Bei YouTube hat man nicht gesehen, wie anstrengend das ist.“

Trotz der Quälerei hätten sie die vielseitige Natur Südafrikas genossen, sagt Eugen. Bergab führen die Trails durch riesige Apfelplantagen und Weinberge – soweit das Auge reicht. Die Äpfel hängen noch an den Bäumen. Wüstenähnliche Mondlandschaften wechseln sich mit satt grünen, malerischen Tälern ab. Die “so ein bisschen wie bei den Hobbits” aussehen.

„So viel wie möglich reinschaufeln“

In den kommenden acht Tagen denken Markus und Eugen nur von Etappe zu Etappe und innerhalb der Etappe von Verpflegungsstation zu Verpflegungsstation. Jeden Morgen stehen die beiden um sechs Uhr auf. Beim Frühstück gilt: „So viel wie möglich reinschaufeln, auch wenn du keinen Hunger hast.“ Anschließend geht es ab auf die Strecke.

Bei der kürzesten Etappe kommen Markus und Eugen nach fünfeinhalb Stunden an, bei der längsten nach neuneinhalb Stunden. „Im Ziel lächelt keiner mehr“, beschreibt Eugen die Strapazen. Angekommen heißt es: Essen, Ausruhen, Essen und um 19 Uhr ab ins Bett. Und natürlich „der Familie sagen, dass man noch lebt“, meint er grinsend.

„Es war brutal heiß“

Am zweiten Tag gilt es 500 Höhenmeter weniger als am Ersten zu überwinden, aber dafür 125 Kilometer. „Es war brutal heiß“, sagt Eugen. „Und entweder kein Wind oder du hast die ganze Zeit richtig schön Gegenwind.“

Bei Kilometer 80 wartet ein Berg, „der einfach nicht aufhörte“. Eineinhalb Stunden fahren Markus und Eugen auf roter, südafrikanischer Erde bergauf – über eine Kuppe nach der anderen. Schlimmer kanns nicht mehr werden – denken sie.

Mit Magenkrämpfen fahren

Anfangs campt neben ihnen ein Drill Sergeant aus den USA. Topfit. Mehrere 24-Stunden-Rennen hinter sich. Ein harter Hund. So beschreibt ihn Eugen. Nach vier Tagen muss er aufhören – Magen-Darm. In der Nacht zu Tag fünf schläft Markus schlecht und auch ihn erwischen die Magenkrämpfe. Die nächste Etappe ist zum Glück „nur“ 82 Kilometer lang und hat „wenig“ Höhenmeter: 1650.

Im Laufe des Tages muss Markus sich mehrmals hinlegen – der Magen rebelliert, keinerlei Energie kommt in seinen Muskeln an. Während einer Etappe dürfen Teammitglieder beim Cape Epic höchstens zwei Minuten auseinanderliegen. Aber: Eugen schiebt Markus trotzdem zu keiner Zeit den Berg hoch. Das haben sie vor dem Rennen so vereinbart.

Völlig erschöpft

Als es bei Markus besser wird, fangen die Magen-Darm-Probleme bei Eugen an. „Es fühlt sich an, als würde man durch Honig fahren“, beschreibt Eugen seinen Zustand der völligen Erschöpfung. Sie schrammen knapp an der Disqualifikation vorbei. Am sechsten Tag kommen sie 20 Minuten vor den Hyänen ins Ziel.

Die Hyänen sind zwei Biker, die die Maximalzeit vorgeben – wer hinter ihnen die Etappe beendet, ist ausgeschieden. „Ein Platten und es hätte nicht gereicht.“ Die Beiden sind frustriert.

Inmitten dieser Qual habe ihnen die Spendenkampagne und die damit eingegangene Verpflichtung geholfen durchzuhalten. „Spätestens ab Tag zwei war das unsere Stütze“, sagt Eugen. „Sonst hätten wir gesagt: Jetzt reichts. Jetzt setzen wir uns irgendwo hin, genießen das leckere Essen und trinken ein Weinchen. Das hätte definitiv mehr Spaß gemacht.“

Zu früh gefreut

Auf der letzten Etappe steht nur noch ein Berg zwischen Markus und Eugen und dem Ziel. Von den Magen-Darm-Problemen immer noch „sowas von am Arsch, das kann man sich nicht vorstellen“. Von oben sieht man in ein schönes Tal und ein Trail schlängelt sich den Berg hinunter. Die Freude darüber verschwindet schnell, als es nach 100 Metern wieder bergauf geht – dieses Mal aber wirklich der letzte Anstieg.

Nur 359 von 527 Teams stehen das achttägige Cape Epic bis zum Ende durch – ein Drittel der Fahrer beendet das Rennen frühzeitig. „Maximale Gleichgültigkeit. Keine Euphorie. Keine Gänsehaut. Absolut unromantisch. Ich wollte einfach nur noch irgendwo in Ruhe sterben“, beschreibt Eugen die Zieleinfahrt. Nie wieder, denkt er sich.

„Ein Freund von mir hätte mir sein Fahrrad ausgeliehen, nur damit dieses Etikett draufkommt“

Zwei Wochen später packt er sein Mountainbike aus. Darauf klebt seine Trophäe: ein Cape-Epic-Sticker mit Startnummer. „Ein Freund von mir hätte mir sein Fahrrad ausgeliehen, nur damit dieses Etikett draufkommt“, meint Eugen. Erst jetzt realisiert er, was sein Körper geleistet hat.

Inzwischen verspürt er die Lust, ein zweites Mal teilzunehmen. „Alle Teilnehmer haben gesagt, dass es das härteste Cape Epic aller Zeiten war. Dann muss es nächstes Mal ja leichter werden“, sagt Eugen lachend. Seine Familie hat es ihm aber in den nächsten zwei Jahren vorerst verboten.

64.000 Euro an Spenden gesammelt

Wurde das Spendenziel von 200.000 Euro erreicht? „Unser Glaube war stark genug, aber es hat nicht geklappt.“ 64.000 Euro an Spenden sind das Ergebnis, 30.000 Euro für POPUP und 20.000 für Village of Eden. Zusätzlich gingen 14.000 Euro an Spenden für die Projektkosten ein.

Die Mitarbeiter von POPUP hätten sich riesig über das Geld gefreut, aber noch glücklicher seien sie über die Aktion an sich gewesen, erzählt Eugen. Sie nutzen die Aktion nun in ihrem Trainingsprogramm. Damit machen sie den Jugendlichen Mut sich aus der Armut heraus zu kämpfen, auch wenn das mit Anstrengungen verbunden ist.

„Gutes tun und nicht müde werden“

Für die Jugendlichen sei es extrem ermutigend gewesen, dass sich jemand für sie quält und mit dieser Aktion auf sie aufmerksam machte. „Durch meinen Glauben an Gott ist bei mir die Erkenntnis gereift, dass ich ganz persönlich herausgefordert bin, die Welt zu einem besseren und gerechteren Ort zu machen“, meint Eugen.

Wie das geschehe, sei ganz individuell. Er sei überzeugt davon, dass jeder dafür seine Leidenschaften nutzen könne – in seinem Fall das Biken. Wenn er während des Rennens kurz vor dem Aufgeben war, habe er oft an einen Spruch seines verstorbenen Vaters denken müssen: „Gutes tun und nicht müde werden.“

Symbolbild: nd3000 / iStock / Getty Images Plus

Gesundheit: So senken Sie Ihren Blutdruck ohne Medikamente

Ein gesunder Lebensstil senkt den Blutdruck. Arzt Jonathan Häußer weiß, welche kleinen Schritte einen großen Unterschied machen.

Große Verhaltensänderungen fallen uns oft schwer. Und wie viel Einfluss haben wir wirklich auf unsere Gesundheit? Mehr als wir denken! Greifen wir das Beispiel Bluthochdruck heraus. Bluthochdruck ist weit verbreitet. Etwa 20 bis 30 Millionen Deutsche sind davon betroffen. Und es ist keineswegs eine Erkrankung, die nur alte Menschen betrifft.

Wie viel wir mit unserem Lebensstil ausrichten können, spiegelt sich auch in den offiziellen Empfehlungen wider. Wenn Bluthochdruck festgestellt wird, soll dieser erst mal nicht mit Medikamenten behandelt werden. Am Anfang – und auch danach – sind Lebensstilveränderungen der wichtigste Baustein. Doch was gehört alles dazu?

Schon Spaziergänge und die Fahrradfahrt zur Arbeit helfen

Genug Bewegung ist der erste Baustein. Wer regelmäßig körperlich aktiv ist, kann allein dadurch schon seinen Blutdruck senken. Dabei muss es noch nicht einmal Sport im engeren Sinne sein. Schon Alltagsaktivitäten wie ein zügiger Spaziergang und Fahrradfahren zur Arbeit helfen. Dabei können es auch einfache Dinge sein, wie die Treppen statt den Fahrstuhl zu nehmen und bei der Busfahrt schon eine Station früher auszusteigen.

Die zweite wichtige Komponente bei der körperlichen Aktivität ist das Krafttraining. Es ist wissenschaftlich belegt, dass Krafttraining auch unabhängig von Ausdauertraining einen Nutzen bei Bluthochdruck hat. Das gilt auch für verschiedene andere Erkrankungen wie Diabetes oder Herzinfarkte und Schlaganfälle.

Viel Obst und Gemüse sind nie falsch

Genauso hilft gesundes Essen, den Blutdruck zu senken. Hier hat sich eine mediterrane Ernährung als nützlich erwiesen. Dazu gehören viel Obst und Gemüse, Olivenöl und Fisch, dafür aber wenig Fleisch und Wurst.

Zudem kann weniger Kochsalz den Blutdruck senken. Auch bei anderen Krankheiten hilft eine gesunde Ernährung, die genauen Empfehlungen können etwas variieren. Aber mit viel Obst und Gemüse kann man grundsätzlich nichts falsch machen.

Schlaf ist unersetzlich

Im Gegensatz zu einer gesunden Ernährung treibt Stress den Blutdruck eher nach oben. Daher können auch Entspannungsverfahren helfen, den Blutdruck zu senken. Ähnlich sieht es beim Schlaf aus. Schlaf ist unersetzlich. In der Nacht regenerieren wir und unser Gehirn gönnt sich mal eine Ruhepause.

Beim Schlafen kommt es nicht nur auf die Dauer, sondern auch auf die Qualität an. Generell werden sieben bis neuen Stunden Schlaf pro Nacht empfohlen. Wer weniger als acht Stunden pro Nacht schläft, hat ein erhöhtes Blutdruckrisiko.

Mit kleinen Schritten anfangen

Wie kannst du dir aber einen gesunden Lebensstil aneignen? Es ist wichtig, klein anzufangen. Mache kleine Schritte, anstatt gleich den ersten Schritt zu groß zu wählen. Wenn du beim ersten Schritt scheiterst, ist das demotivierend.

Besser ist, wenn du auf der Erfolgstreppe eine Stufe nimmst. Gehe immer nur eine Sache an, sonst bist du schnell überfordert. Und du darfst Erfolge feiern! Belohne dich, wenn du deine Ziele erreicht hast.

Messbare Ziele wählen

Dafür ist es gut, wenn deine Ziele nicht nur erreichbar, sondern auch messbar sind. Anstatt als Ziel „Ich möchte mich mehr bewegen“ zu wählen, ist das Erreichen eines Zieles wie „Ich möchte zweimal pro Woche 30 Minuten spazieren gehen“ viel konkreter und besser überprüfbar. Es hilft, wenn du dich für einen solchen Spaziergang mit jemandem verabredest oder möglichst vielen anderen davon erzählst. Dann fühlst du dich auch deinem Ziel mehr verpflichtet.

Scheitern ist normal. Niemand ist perfekt. Aber gib nicht auf! Aufstehen und Krone richten! Es ist erlaubt, andere um Hilfe zu bitten, wenn du es allein nicht schaffst. Stell dir vor, wie schön es ist, wenn du dein Ziel erreicht hast! Große Veränderungen beginnen mit einem ersten kleinen Schritt.

Jonathan Häußer ist Arzt und Sportwissenschaftler und fühlt sich vor allem in der Sport- und Ernährungsmedizin zu Hause. In seiner Freizeit ist er auch selbst sehr aktiv. Wenn er nicht gerade bei der Arbeit ist oder durch den Wald läuft, ist er häufig im ICF Hamburg zu finden.

Symbolbild: AzmanL / E+ / Getty Images

Eltern müssen Vorbild sein: So motivieren Sie Ihre Kinder zu mehr Sport

Kinder, die sich bewegen, sind: gesünder, intelligenter und stressresistenter. Doch Sport ist nicht nur Sache der Kinder, sagt Sportwissenschaftler Jonathan Häußer.

Die Vorteile regelmäßiger Bewegung sind meistens recht individuell. Sport macht fitter, es wird weniger wahrscheinlich, an Zivilisationskrankheiten wie Diabetes oder Übergewicht zu leiden und verlängert das Leben. Welche Auswirkungen hat Sport aber eigentlich auf das eigene Umfeld – konkret: auf die Kinder?

Gehirn profitiert von regelmäßiger Bewegung

Auch für Kinder ist regelmäßige Bewegung wichtig – eigentlich noch wichtiger als für uns. Das schlägt sich auch in den Empfehlungen der WHO (Weltgesundheitsorganisation) nieder: Kinder sollen sich mindestens eine Stunde am Tag bewegen – doppelt so viel wie Erwachsene. Zu wenig Bewegung kann die Entwicklung von Übergewicht und anderen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen. Früh werden also die Weichen für die Gesundheit im späteren Leben gestellt.

Auch das Gehirn profitiert sehr von regelmäßiger Bewegung. Das fängt schon bei dessen Entwicklung an. Kinder, die sich regelmäßig bewegen, können von besseren kognitiven Funktionen und einer erhöhten Widerstandsfähigkeit gegen Stress profitieren. „Kognitive Funktionen“ meint dabei alles, was mit der Verarbeitung von Informationen zu tun hat. Beispiele hierfür sind die Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, das Lernen und das Erinnerungsvermögen.

Sport macht psychisch gesund

Sport verbessert darüber hinaus die Lebensqualität von Kindern. Und auch im späteren Leben zahlt sich eine aktive Jugend aus. Wer in seiner Kindheit Sport treibt, kann sich über eine bessere psychische Gesundheit 20 Jahre später freuen, was wahrscheinlich auf die bessere Stressresistenz zurückzuführen ist.

Was hat die Aktivität von Kindern jetzt mit den Eltern zu tun und wie können Eltern ihre Kinder zu mehr Bewegung animieren? Hier gibt es einen interessanten Zusammenhang: Untersuchungen haben gezeigt, dass es eine Beziehung zwischen der Aktivität der Eltern und der Aktivität der Kinder gibt. Je mehr sich die Eltern bewegen, desto mehr tun das auch die Kinder. So hat eine Studie herausgefunden, dass sich Kinder fünf bis zehn Minuten mehr bewegen, wenn sich die Eltern 20 Minuten mehr bewegen. Und auch Geschwister sind hilfreich, um die Aktivität der Kinder zu steigern.

Eltern in der Pflicht

Interessanterweise ist vor allem das väterliche Aktivitätsniveau ein guter Prädiktor für das Bewegungsverhalten des Kindes im späteren Leben. Und das scheint besonders für Söhne zuzutreffen. Damit sich Töchter auch später noch regelmäßiger bewegen, ist die Mutter als Vorbild etwas entscheidender – aber das nimmt den Vater nicht aus der Pflicht.

Aber nicht nur die Aktivität der Eltern ist ansteckend, sondern auch deren Inaktivität. Bei Eltern, die sich wenig bewegen, ist auch die Wahrscheinlichkeit um das Sechsfache erhöht, dass sich die Kinder zu wenig bewegen! Ähnliches hat man für die sogenannte „Screen Time“ festgestellt. Das ist die Zeit, die man vor elektronischen Geräten wie Smartphones, Tablets, Computern und Fernsehern verbringt. Wenn die Eltern weniger vor dem Bildschirm hocken, tun es die Kinder auch weniger. Vielleicht liegt das auch daran, dass die Eltern dann mehr Zeit haben, etwas mit ihnen zusammen zu machen.

Bewegung steckt an

Ich kann mich noch gut an meine Kindheit erinnern. Dort habe ich auch die eine oder andere Joggingrunde mit meinem Vater gedreht, und die Begeisterung für das Laufen und Bewegung sind geblieben. Und immer, wenn ich zu Hause war und laufen ging, wollte meine viel jüngere Schwester auch mitkommen. Also zeigt nicht nur die Wissenschaft, sondern auch meine persönliche Erfahrung: Bewegung ist ansteckend. Und wenn Eltern sich mehr bewegen, tun sie nicht nur sich selbst etwas Gutes. Auch ihre Kinder bewegen sich mehr und profitieren davon. Es ist eine Win-win-Situation. Worauf warten Sie noch?

Jonathan Häußer ist Arzt und Sportwissenschaftler und fühlt sich vor allem in der Sport- und Ernährungsmedizin zu Hause. In seiner Freizeit ist er auch selbst sehr aktiv. Wenn er nicht gerade bei der Arbeit ist oder durch den Wald läuft, ist er häufig im ICF Hamburg zu finden.

Foto: Inside Creative House / iStock / Getty Images Plus

Mit diesen 3 einfachen Übungen bleiben Sie fit fürs Alter – ganz ohne Equipment

Regelmäßiges Krafttraining hilft, die Muskeln und Knochen für das Alter zu stärken. Der Arzt und Sportwissenschaftler Jonathan Häußer erklärt, wie Sie mit wenig Training viel erreichen.

Woran denken Sie, wenn Sie an Krafttraining denken? An Arnold Schwarzenegger? Menschen, die breiter sind als hoch? Oder denken Sie an ihre Familie und ihre Freunde? Vom Image her ist das Krafttraining vielleicht noch nicht im Gesundheits- und Breitensport angekommen – in der Medizin ist das anders. Dort sind die positiven Wirkungen von Krafttraining schon seit einiger Zeit bekannt und haben unter anderem Einzug in die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehalten. Die WHO empfiehlt neben 150-300 Minuten moderater körperlicher Aktivität in der Woche auch noch ein Krafttraining an zwei Tagen in der Woche. Aber warum reicht Ausdauertraining allein nicht aus?

Muskeln schwinden mit dem Alter

Wenn wir älter werden, baut auch unser Körper langsam ab. Das gilt nicht nur für unsere Knochenmasse – die höchsten Werte erreichen wir um das 30. Lebensjahr –, sondern auch für unsere Muskeln. Aber dem Muskelschwund können wir entgegenwirken. Unser Körper folgt einem einfachen Prinzip. Alles, was nicht benötigt wird, wird abgebaut, und alles, was er häufig braucht, baut er auf. So wächst die Leber mit ihren Aufgaben (nicht zu empfehlen) und der Muskel wächst, wenn man ihn trainiert. Auch wenn das Wachstum der Muskulatur mit zunehmendem Alter kleiner ausfällt, können Sie mindestens dem Abbau entgegenwirken. Und dafür gibt es gute Gründe. Ihre Muskeln verbrauchen zum Beispiel Energie, auch wenn Sie sie nicht benutzen. So führt ein höherer Muskelanteil dazu, dass der Grundumsatz steigt und Sie mehr Energie verbrauchen. Und wer mehr Kalorien verbrennt, kann auch mehr essen, ohne zuzunehmen. Nicht schlecht, oder?

Starke Muskeln führen auch zu starken Knochen

Neben dem netten Vorteil, dass Sie mehr Energie verbrauchen, stärken Sie durch Krafttraining nicht nur ihre Muskeln, sondern auch ihre Knochen. Für den Knochen gilt nämlich genau das gleiche wie für die Muskeln: Wenn er nicht belastet wird, baut der Körper den Knochen ab. Die Knochenmasse nimmt ab dem 40. Lebensjahr um etwa ein Prozent pro Jahr ab. Bei ohnehin schlechten Ausgangswerten führt das schnell zu einer Osteoporose und damit auch zu Knochenbrüchen. Dadurch, dass die Muskeln bei Belastung an den Knochen ziehen, führt regelmäßiges Krafttraining zu einer vermehrten Beanspruchung und damit zu einer Stärkung des Knochens.

Nur mit Körpergewicht trainieren

Keine Zeit, kein Equipment, kein Fitnessstudio? Was hält Sie davon ab, mit dem Krafttraining zu beginnen? Ich habe eine Lösung für Sie: Sie können schon mit wenig Training viel erreichen. Hier ist ein Training, welches keine Geräte benötigt und aus ihrer Zeit das meiste rausholt. Dafür brauchen Sie nur drei Übungen: Kniebeugen, Liegestütze und Rudern.

Von diesen Übungen reichen jeweils 4 Sätze, das heißt jeweils 6 bis 15 Wiederholungen, pro Woche aus, um kräftiger zu werden. Es kommt nicht darauf an, ob Sie an einem Tag in der Woche vier Sätze dieser Übungen machen oder ob Sie die Sätze auf zwei Trainingseinheiten verteilen. Wenn Sie die Lust packt, können Sie jederzeit mehr machen. Zwischen den Sätzen sollten Sie ein bis zwei Minuten Pause machen. Ein allgemeines Aufwärmen ist nicht unbedingt notwendig. Wenn Sie mit höheren Wiederholungszahlen arbeiten, ist der erste Satz gleichzeitig ihr Warm-Up. Damit niemand überbeansprucht wird, zeige ich ihnen zu jeder Übung zwei Schwierigkeitsgrade. Ich wünsche ihnen viel Spaß damit! Oder, wie der breiteste Pastor Deutschlands immer sagt: „Sei mutig und stark!“

Die Übungen erklärt:

1. Rudern

Schwierigkeitsgrad 1: stehend rudern (funktioniert z. B. auch, indem man ein Handtuch in die Türklinken einer offenen Tür einhängt)

Schwierigkeitsgrad 2: hängend rudern

Arzt und Sportwissenschaftler Jonathan Häußer rudert hängend. (Foto: Jonathan Häußer)

Arzt und Sportwissenschaftler Jonathan Häußer rudert hängend. (Foto: Jonathan Häußer)

2. Liegestütze

Schwierigkeitsgrad 1: Liegestütze an der Wand/an der Stange

Schwierigkeitsgrad 2: Liegestütze

Arzt und Sportwissenschaftler Jonathan Häußer macht Liegestützte. (Foto: Jonathan Häußer)

Arzt und Sportwissenschaftler Jonathan Häußer macht Liegestützen. (Foto: Jonathan Häußer)

3. Kniebeugen

Schwierigkeitsgrad 1: Kniebeugen

Arzt und Sportwissenschaftler Jonathan Häußer macht Kniebeugen. (Foto: Jonathan Häußer)

Arzt und Sportwissenschaftler Jonathan Häußer macht Kniebeugen. (Foto: Jonathan Häußer)

Schwierigkeitsgrad 2: Einbeinige Kniebeugen

Jonathan Häußer ist Arzt und Sportwissenschaftler und fühlt sich vor allem in der Sport- und Ernährungsmedizin zu Hause. In seiner Freizeit ist er auch selbst sehr aktiv. Wenn er nicht gerade bei der Arbeit ist oder durch den Wald läuft, ist er häufig in der Gemeinde ICF Hamburg zu finden.

Nicht mehr gefragt

Von der 80-Stunden-Woche in die Arbeitslosigkeit

Klaus Jost war bis 2014 Vorstand bei Intersport. Dann kam der Rauswurf. Im neuen Buch „Jost läuft“ lässt der leidenschaftliche Sportler und gläubige Christ tief blicken. Ein Gespräch über einen vollen Berufsalltag und überfordernde Stille.

Herr Jost, als junger Mann waren Sie Leistungssportler. Wie sportlich aktiv sind Sie aktuell?
Die Begeisterung nimmt im Alter zu, nur die Leistung nimmt ab. Früher war ich in fast allen Schlag- und Ballsportarten unterwegs. Jetzt, mit über 50 Jahren, geht Fußballspielen nur noch mit viel Aua. Aber Laufen geht immer und überall, deshalb mach ich’s fast jeden Tag. Das macht den Kopf frei, hilft dem Herz-Kreislauf und baut Stress ab.

Ist keine Überwindung mehr nötig beim Loslaufen?
Durchgetaktet zu sein, kenne ich vom Beruf. Da habe ich mir meinen Wecker auf 5 Uhr gestellt, um vor der Arbeit eine Stunde laufen zu können. Wenn der Wecker so früh klingelt, macht das erst mal gar keinen Spaß. Doch der Körper kommt mit 5, 6 Stunden Schlaf ganz gut zurecht. Wenn ich unterwegs bin, merke ich, dass mir diese Stunde so viel zurückgibt. Die Leute, die möglichst spät aufstehen, schnell einen Kaffee trinken und dann ins Meeting kommen, sind verpennt und nicht leistungsfähig.

Kann man die Arbeit auch zu ernst nehmen?
Sie nimmt die meiste Zeit des Lebens in Anspruch. Deswegen darf sie einen hohen Stellenwert haben. Ich habe hier gute Prinzipien fürs Leben erlernt. Auch wenn ich in der Gemeinde sonntagmorgens die Kinderstunde halte, ist es gut, rechtzeitig aufzustehen und alles noch mal durchzugehen. Seit ich 16 bin, arbeite ich, und ich hoffe, dass es auch noch mit 70 so ist.

Waren Sie von Anfang an leistungs- und führungsstark?
Schon im Kindergarten und später in meiner kaufmännischen Ausbildung bin ich gerne vorangegangen. Auch in meiner Familie habe ich früh Verantwortung übernehmen müssen. Mit 21 Jahren hatte ich mein erstes Geschäft. Ich habe mich immer angestrengt, wollte es immer schaffen statt aufzugeben. Um im Beruf langfristig Erfolg zu haben, musst du immer Leistung bringen. Auch dann, wenn’s mal keinen Spaß macht. Klar gibt’s Situationen, in denen man sich nicht gut fühlt. Dennoch bleibt die Entscheidung: Hängen lassen oder sein Bestes geben.

Und Sie haben einfach immer Ihr Bestes gegeben?
Zum Glück sind Menschen auf mich aufmerksam geworden, haben mich angefragt. Das ist ein Geschenk. Gewisse Funktionen kann man ja nicht erzwingen.

Was waren Meilensteine?
Bei Adidas war ich Manager für die französische Marke „Le Coq Sportif“ – und zwar mit Haut und Haaren. Weil ich offensichtlich einen guten Job gemacht habe, hat mich 1993 der heute weltweit größte Schuh-Verbund für eine Tochter- Gesellschaft als Geschäftsführer geholt. Da war ich 31 Jahre alt. Wenn man in gewissen Kreisen ist, läuft das so. Ich habe mich nie beworben. Ich wurde geholt. Diesen Verband haben wir dann mit einem französischen Verband fusioniert und dadurch wichtige Markenrechte erworben. Es entstand die „Sport 2000 International“. Ein zuvor kleines deutsches Verbands-Unternehmen mit 15 Mitarbeitern expandierte nun international.

Wurde Intersport so auf Sie aufmerksam?
Unsere damalige Zentrale in Bern lag ganz in der Nähe der Intersport-Zentrale. Dank tollem Team und starken Partnern wurde „Sport 2000“ so groß, dass es Intersport gefährlich wurde. Daraufhin bot mir der Intersport-Aufsichtsrat einen Vorstandsposten an. Ich war 40 Jahre alt und es war keine leichte Entscheidung. Das ist so, als würde man von Borussia Dortmund zu den Bayern wechseln und das als Trainer und Präsident gleichzeitig. Doch nach einer Phase des Überlegens nahm ich die Funktion als deutscher Vorstand für den Bereich Sortiment/Marketing/Vertrieb an. Dadurch wurde ich zunächst weltweiter Vize-Chef, später mehrmals zum Präsidenten des Verwaltungsrats gewählt, auch noch im September 2014 – einen Monat vor meinem Rausschmiss.

Was sind Erinnerungen aus dieser Zeit, an die Sie gerne zurückdenken?
Zum Beispiel die Gespräche mit Sportlergrößen wie Maria Höfl-Riesch, Boris Becker oder Fabian Hambüchen, in die ich mich als Ex-Leistungssportler gut einfühlen konnte, weil ich wusste, wie es ist, sich auf ein Event hinzuquälen.

Es gab keinen Grund für Ihre Entlassung. Das Ganze lief im Rahmen einer Umorganisation des Verbunds. Wie frustrierend war das?
Es waren bittere vier Wochen zwischen Mitteilung und Vollzug. Ich fühlte mich ungerecht behandelt und konnte nichts dagegen tun. Es war wie in einem riesigen Sicherungskasten: Nach und nach wurden alle Verbindungen gekappt, alle meine Beirats-, Aufsichtsrats- und Vorstandsposten fielen weg. Ich musste Firmen- Handy und Laptop abgeben. Wenn ich dann in der Zeitung etwas von Kongressen und Events las, die ich vorher routinemäßig besucht hatte, musste ich realisieren, dass ich dazu keinen Zutritt mehr hatte. Ich war nicht mehr gefragt, nicht länger VIP mit Zugang zur Lounge. Ich fühlte mich komplett verloren, schlief schlecht, machte mir viele Gedanken. Statt Meetings zu leiten und Verhandlungen zu führen, hatte ich plötzlich ohne Ende Zeit zum Rasenmähen. Die Stille war nicht angenehm. Ich konnte nicht einfach auf eine Insel fahren und mir ein Buch und Caipirinha mitnehmen.

Welche Konsequenzen hatte Ihr Arbeitspensum zuvor für Ihre Familie?
Wir mussten uns als Familie keine Gedanken machen, ob wir uns den Urlaub leisten können. Nur darüber, ob ich die Zeit dafür finde. Oft habe ich meine Familie alleine in den Urlaub geschickt. Meine Frau hat vor fünf Jahren aber einen sehr schweren Schlaganfall erlitten. Prognose: Für immer Rollstuhl. Dann kam noch eine Krebs-Erkrankung dazu. Als ich entlassen wurde, war sie gerade mitten in der Chemo-Therapie und brauchte – wie ich – viel Trost. Ich kam an meine Grenzen. Doch wir haben einander viel Halt gegeben.

Heute werden Sie zu Veranstaltungen eingeladen, um Tipps für schwere Lebensphasen zu geben. Ist das auch ein Auftrag Ihres Buchs?
Ja, ich will den Lesern mitgeben: Du darfst trauern, du darfst wütend sein, du darfst Gott auch anschreien: „Warum? Was soll das alles?“ Aber da solltest du nicht stehen bleiben. Für mich ist es auch ein Prozess gewesen, dem zu vergeben, der für meine Entlassung verantwortlich war.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Tobias Hambuch.

 

WEITERLESEN: In „Jost läuft“ (SCM Hänssler) fördert der Journalist Daniel Schneider Details aus dem Leben des Ex-Vorstandschefs ans Tageslicht. Er springt immer wieder zwischen Josts herausragendem Erfolg und seinem Umgang mit dem Tiefschlag seines Lebens hin und her.