Männer sehnen sich nach beglückendem Sex. Der fällt allerdings nicht vom Himmel.
Dieses Jahr feiern wir unseren 13. Hochzeitstag, dazu den neunten, siebten, fünften und zweiten Geburtstag unserer Söhne. Ja, wir haben immer noch Sex! Mal mehr, mal weniger, mal besseren, mal schlechteren. Im Schnitt sicher einmal pro Woche. Ich habe mich dafür entschieden, offen zu sein. Es ist wichtig, dass wir über Sex reden. Denn genau da beginnen die Probleme. Bei der fehlenden oder falschen Kommunikation. Nein, ich denke nicht an die Gespräche mit den Kumpels in der Kneipe beim Bier. Was ich meine: Kannst du mit deiner Frau über euren Sex reden? Hast du ihr gesagt, was dich antörnt? Wie oft du mit ihr schlafen willst, und welche sexuellen Dinge du mit ihr erleben möchtest? Und umgekehrt: Kennst du ihre Vorlieben und No-Gos?
Wenn es darum geht, meiner Frau zu sagen, was ich mir wünsche, spüre ich oft eine Hemmschwelle. Warum ist das so? Weil ich dann das Risiko eingehe, abgelehnt zu werden. Kein Mann wird gerne abgelehnt. Allerdings: Wer Sex als Tabuthema behandelt,bespricht einen entscheidenden Teil der Ehe nicht. Andere Dinge, wie das Familienbudget oder die Ferienplanung, diskutieren wir – dann sollten wir auch den Sex nicht dem Zufall überlassen. Das Resultat der Haltung „über Sex spricht man nicht“ ist meistens Entfremdung, schlechter Sex und Unzufriedenheit gespickt mit Vorwürfen. Wer bei gegenseitiger Schuldzuweisung angelangt ist, hat den Teamgeist begraben. Game over. Wer guten Sex will, muss also eine Sex-Kultur entwickeln. Aber wie?
Lust ist gottgegeben
Sex ist wichtig für eine glückliche Ehe. Viele ziehen diese wunderbare Erfindung Gottes in den Schmutz. Aber das macht Sex noch lange nicht zu etwas Dreckigem. Wenn ein Mann seine Lust auf Sex als etwas Negatives sieht, lacht sich der Teufel ins Fäustchen. Denn Gott hat unsere Sexualität als etwas Reines, sogar als etwas Heiliges geschaffen. Der Dreck kommt nicht mit der Lust, sondern mit dem falschen Umgang damit. Gott ist für Sex! Hätte Gott etwas gegen Sex, hätte er uns als geschlechtslose Teletubbies erschaffen. Sexuelle Lust ist gottgegeben. Lebe sie mit deiner Frau aus!
Sex braucht Lockerheit
Druck erzeugt Gegendruck und ist oft ein Zeichen von Hilflosigkeit. Wer nicht weiß, wie er seine Frau gewinnen kann, wird auf zweifelhafte Methoden zurückgreifen und seine Frau dabei verlieren. Mein Ziel ist, meiner Frau meine Wünsche offen kommunizieren zu können. Ohne ihr dabei das Gefühl zu geben, dass sie mir das alles gleich heute geben muss. Ich sehe die Ehe als ein Abenteuer: Wir haben Jahre Zeit, uns zu verbessern und Dinge auszuprobieren. Nimm es locker, wenn’s im Bett mal nicht so „flutscht“, denn du bist noch eine Weile verheiratet!
In die eigene Wiese investieren
Da schießt einem dieser Gedanke durch den Kopf: „Mit einer anderen Frau hätte ich mehr und besseren Sex.“ Wer diese teuflische Hintertür öffnet, stiehlt sich aus der Verantwortung. Er reduziert die gemeinsame Sexualität auf das Verhalten einer Person („Sie ist schuld!“). Dieser Mann ist zu faul, sich selbst zu hinterfragen und etwas zu ändern. Die Wiese auf der anderen Seite des Zauns ist nicht grüner! Meine Wiese hat so viel Qualität, wie ich Zeit und Energie in sie investiere. Je mehr ich mich auf meine Frau fokussiere, desto weniger reizen mich andere Frauen. Ich kriege den Fokus auf meine Frau nur scharf, wenn ich aufhöre fremdzugehen! Keine weiteren „mit der wär’s perfekt“-Gedanken. Keine weitere Lustbefriedigung durch andere Frauen (z.B. Porno oder Fremd-schauen). Und keine Gefühle für andere Frauen pflegen – egal, wie viel Bewunderung sie schenkt!
Team im Alltag, Team im Bett
Ich erwische mich ab und zu dabei, wie ich mir Sex verdienen möchte. Und dann bin ich enttäuscht, wenn’s nicht funktioniert. Sex taugt nur selten als Belohnungs-System. Vielmehr ist Sex eine logische Konsequenz einer funktionierenden Teamarbeit. Die Herausforderung ist, dass wir Männer nicht den ganzen Tag anwesend sind. Aber wir können trotzdem da sein. Ich kann meiner Frau tagsüber eine SMS schreiben, kurz anrufen, nachfragen. Zeigen, dass ich an sie denke und mich für sie interessiere. Sie wird merken, dass sie mehr als ein Körper ist, der am Feierabend die Lust des Ehemannes befriedigen muss. Ich bin überzeugt: Wer tagsüber mit seiner Frau kommuniziert, wird eher eine Verbindung mit ihr haben und muss diese nicht mühsam nach dem Arbeitstag herstellen. Team im Alltag, Team im Bett.
Den Motor am Laufen halten
Frustriert bemerkt sie: „Du berührst mich nur, wenn du mit mir ins Bett willst!“ Das blöde an dieser Aussage ist, dass sie oft wahr ist. Ein Freund erklärte mir, dass sich tägliches Küssen (mindestens sechs Sekunden am Stück), positiv auf die Beziehung auswirkt. Die körperliche Verbindung muss aufrechterhalten bleiben. Es muss nicht immer eine lange Rücken- oder Fuß-Massage sein: Zärtliche Berührungen zwischendurch halten den Motor am Laufen.
Sex planen und entwickeln
Damit unsere Beziehung sich gesund entwickelt, brauchen wir ein Ziel. Wohin wollen wir uns entwickeln? Wie soll unser Sex in zehn Jahren sein? Und welche Schritte müssen wir dafür gehen? Sex ist ein Lebens-Projekt, das man aktiv gestalten muss! Denn die Sexualität entwickelt sich immer in die eine oder andere Richtung: Wer investiert, wird profitieren. Wer es dem Zufall überlässt, wird unter Umständen in einem fremden Bett zu sich kommen. Setze dich mit deiner Frau zusammen. Plant zusammen Auszeiten, kinderfreie Stunden und schafft Raum, damit sich eure Sexualität entwickeln kann.
Reto Kaltbrunner ist Pastor des ICF St. Gallen und Gründer des ICF Mens World. Sein Herz schlägt höher, wenn Menschen eine Begegnung mit Gott haben und Männer in ihre göttliche Identität hineinfinden.