Die Zinsen liegen bei null. Das gute alte Sparbuch hat ausgedient. Wie kann dann das Geld heute noch für einen arbeiten? Nachgefragt bei Finanzmakler Hermann Schwietering.
Welche Straßen nennen Sie beim Monopoly-Spielen am liebsten Ihr Eigentum?
(lacht) Monopoly spiele ich wahnsinnig gern! Natürlich versuche ich immer, die Schlossallee und die Parkstraße zu bekommen.
Meine Großeltern lebten mir noch das Sparen vor. Was raten Sie Ihren Kindern?
Dass sie ihre Begabung und ihre Berufung leben, dass sie ihr Potenzial erkennen und etwas daraus machen und so ihren Platz im Leben finden.
Und in puncto Finanzen? Für meine Zinserträge im Jahr 2016 bekomme ich nicht mal drei Kugeln Eis. Die Inflation dazugerechnet, schmilzt der kleine Kapitalberg durch die Niedrigzinspolitik langsam ab.
Das ist richtig. Über den Daumen machen Sie derzeit im Jahr 2 % Verlust. Sie werden jedes Jahr automatisch ärmer. Was empfehle ich? Nichts aus der Hüfte. Ich müsste Ihre Ziele und Ihr Risikoprofil kennen. Das würde ich mit Ihnen erarbeiten. Aus den Zielen ergibt sich die Kurz-, Mittel- oder Langfristigkeit einer Anlage, ergänzt mit den individuellen Risikoprofilen. Sobald ich diese kenne, kann ich mich je nach Risikobereitschaft in den Anlageklassen „sicherheitsorientiert“, „ertragsorientiert“, „wachstumsorientiert“ oder „chancenorientiert“ bewegen und entsprechend empfehlen.
Das hört sich sehr komplex an.
Ist es auch, da ein komplexer Prozess in der Auswahl hinterlegt ist. Ich rate, nicht alles auf ein Produkt, sondern auf die richtige Mischung von verschiedenen Produkten zu setzen.
In der Süddeutschen Zeitung las ich: „Männer zocken, Frauen sichern ab.“ Ist an diesem Klischee etwas dran?
Nein! Ich habe schon von vielen Paaren die Risikoprofile abgefragt. Das ist eher eine Frage des Typs, den ich vor mir habe. Ist es ein gewissenhafter Mensch, dann weiß er, was er tut, dann hinterfragt er, dann steigt er tiefer ein. Einer impulsiven Person fällt es leichter, zu zocken.
Welchen Ratschlag würden Sie jeweils einem Dreißiger, Vierziger, Fünfziger geben?
Dem Dreißigjährigen würde ich einen vermögensverwaltenden Ansatz mit einer Mischung aus Aktienfonds und Renten empfehlen, wachstums- und chancenorientiert. Bei einem Vierzigjährigen würde dies auch noch funktionieren, den Aktienanteil würde ich leicht reduzieren. Bei allen spielt der erwartbare Rentenstatus eine große Rolle. Den schaue ich mir genau an. Dem Fünfzigjährigen würde ich eher zu einem mittelfristigen, ertragsorientierten Produkt raten.
Manche Männer setzen auf Aktien. Wie kann man das damit verbundene Risiko minimieren?
Indem Sie auf Fonds setzen. Ich empfehle Fonds mit dem Ansatz einer vermögensverwaltenden Strategie, um so ein Portfolio mit ausgewogenem Risiko zu strukturieren, das den meisten Marktbedingungen, die mittelfristig eintreten könnten, erfolgreich trotzen kann. Ziel ist, dass das Portfolio das investierte Kapital langfristig schützt und über den angestrebten Anlagehorizont stabile Erträge generiert. Dabei ist das eingegangene Risiko bzw. die Risikotragfähigkeit des Kunden ein wichtiger Punkt, den man im Auge haben sollte. Ich würde mir grundsätzlich aber immer ein unabhängiges Gegenüber suchen.
Also nicht allein zu Hause am Computer?
Auf keinen Fall. Die Finanzprodukte sind so komplex. Da rate ich zu einer gemeinsamen Betrachtungsweise, zum Dialog mit einer Person des Vertrauens. Wenn mir jemand den einzig wahren und richtigen Finanztipp gibt, wäre ich schon vorsichtig.
Wenn ich zu Ihnen käme, wie viel Zeit müsste ich mitbringen?
Meine Beratung setzt eine sehr enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit voraus. Ziel ist eine Begegnung in Offenheit und Vertrauen. Dort, wo ich mich öffne, öffnet sich auch der andere. Das erste Gespräch dient dem gemeinsamen Kennenlernen, der Erfassung der aktuellen Situation einschließlich der Zahlen, Daten und Fakten. Ich würde mit Ihnen einen Lebensrückblick und ein derzeitiges Fazit ziehen.
Hört sich aber mehr nach Lebens- statt nach Finanzberatung an …
(lacht) Eine Seelsorgeausbildung habe ich auch. Mir ist der ganze Mensch wichtig. Ich definiere mit den Kunden tatsächlich Lebens- und Lebensphasenziele. Im Gespräch erfassen wir Rollen – zum Beispiel die Rolle im Beruf, als Ehemann oder Vater – und Aufgaben sowie Ziele, die sich daraus ergeben. Daraus leitet sich so etwas wie die strategische Ausrichtung des Lebens mit seinen Chancen und Risiken ab.
Machen Sie diese Lebensanalyse mit jedem?
Ja, mit denen, die Millionen, aber auch mit denen, die ein kleines Geld auf dem Konto haben. Ich schaue mit den Leuten auf ihr Leben und ihre Rollen. Das eigentliche Thema Finanzplanung kommt erst nach etwa zwei Stunden aufs Tableau.
Was empfehlen Sie, damit sich ein Mann im Alter noch das Wohnen in der Turm-, Elisen- oder Theaterstraße leisten kann?
Das ist eine Frage des Lebensstils. Wichtig ist es, rechtzeitig ein Konzept zu erstellen und darin meine aktuelle sowie die später gewünschte Situation abzubilden. Stürme und Unabwägbarkeiten gehören zum Leben. Die kann man oft nicht steuern, aber ein Sturm dauert nicht viele Jahre. Und in den ruhigen Zeiten gilt es, mit Augenmaß für die Zukunft zu planen. Suchen Sie Männergespräche, nehmen Sie Auszeiten im Kloster oder Ähnliches. Wer hier nachhaltig mit seinen inneren Ressourcen umgeht, wird auch den Weg finden im Blick auf seine finanziellen Ressourcen.
Angenommen, Sie kommen auf Los. Sie ziehen sofort 8.000 Euro ein. Was würden Sie damit machen?
Die würde ich langfristig anlegen. Zudem würde ich meiner Frau einen Blumenstrauß kaufen und vielleicht ein, zwei Tage mit ihr irgendwo entspannen.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Rüdiger Jope
Hermann Schwietering lebt in Köln. Er ist glücklich verheiratet, mit Leidenschaft Vater und Großvater. Seit 25 Jahren berät er Menschen im Blick auf Finanzen. Er ist Gesellschafter von Plansecur. Er engagiert sich im Vorstand der Stiftung »Bildung.Werte.Leben« und der Stiftung »Kloster Gnadenthal«. Weitere Infos unter: www.h-schwietering.plansecur.de
RISIKOPROFILE:
• Sicherheitsorientiert: Erwirtschaftung stetiger Erträge aus Zinsen; Erträge auf Geldmarktniveau
• Ertragsorientiert: Erwirtschaftung stabiler Erträge; höhere Zinseinkommen; mögliche Kursgewinne
• Wachstumsorientiert: höhere Chancen und Risiken vorrangig aus Aktien und Währungen
• Chancenorientiert: hohe bis sehr hohe Chancen und Risiken aus Aktien und Währungen