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Welcher Job passt zu mir?

Der Beruf ist nicht alles, aber er macht einen großen Teil des Lebens aus. Vier Fragen helfen bei der Suche nach dem Traumjob.

Von Michael Stief

„Seien Sie nett zu Ihren Nachbarn, vermeiden Sie fettes Essen, lesen Sie ein paar gute Bücher, machen Sie Spaziergänge und versuchen Sie, in Frieden und Harmonie mit Menschen jeden Glaubens und jeder Nation zu leben.“ So umreißt die englische Comedy Gruppe Monty Python den Sinn des Lebens in ihrem gleichnamigen Episodenfilm.

Diese launige Antwort ist für sich genommen schon ein attraktives Lebensprogramm; ob wir persönlich bewusst nach einem Sinn des Lebens streben oder nicht. Abgesehen davon, dass ich der festen Überzeugung bin, dass sich jedes Gericht mit Sahne verbessern lässt und man es deswegen mit dem fetten Essen nicht so eng sehen sollte.

5.000 Jahre auf der Suche nach dem Sinn

Die britischen Comedians greifen mit dieser Bestimmung des Sinns des Lebens ein Problem auf, das die Menschheit seit gut und gerne vier oder fünf Jahrtausenden umtreibt. Anders als die Tiere haben wir kaum Instinkte, die unser ganzes Leben von der Wiege bis zur Bahre bestimmen würden. Stattdessen sind wir – bei allen Beschränkungen – mit Freiheit begabt und geschlagen.

Wir müssen unseren Weg im Leben wählen: Ob wir nun aktiv eine Richtung einschlagen und uns Ziele setzen, oder uns treiben lassen. Je mutiger wir uns der Frage nach dem „Ziel des Lebens“ stellen, umso besser sind wir für kleinere oder größere Sinnkrise gewappnet.

Mehr Antworten als uns lieb sein kann

Schon die großen Philosophen von Sokrates über Aristoteles bis Kant haben sich an dieser Frage die Hirnwindungen wundgerieben. Auch die großen Religionsstifter Moses, Jesus oder Mohammed im Nahen Osten oder Buddha in Asien haben sich dieser Frage zumindest mittelbar gestellt.

Buddha etwa verortete das Ziel des menschlichen Lebens grob darin, Leiden und Leidenschaften zu überwinden und dadurch die Erleuchtung zu erlangen. Belesene Buddhisten mögen mir diese kühne Verkürzung verzeihen. Das Liebesgebot, das gleichlautend in der jüdischen Bibel wie dem christlichen Lukas-Evangelium auftaucht, lässt sich ebenfalls als eine solche Sinnbestimmung lesen: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüt, und deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Lukas 10,26-27)

Warum?

Weniger religiös veranlagte Menschen finden in Geschichte und Gegenwart vielfältige Antworten in Philosophie und Wissenschaft: Beispielsweise als die Suche nach dem Wahren, dem Schönen und dem Guten bei Sokrates und Platon oder nach dem wahren Glück bei Aristoteles. Der wortgewaltige Friedrich Nietzsche schließlich behauptet knapp: „Hat man sein warum? des Lebens, so verträgt man sich fast mit jedem wie?“ („Götzen-Dämmerung: Sprüche und Pfeile“, § 12., 1888).

Dieses „Warum“ wählte der Psychiater Viktor Frankl zu seinem Lebensmotto und Kern der Sinn- oder Logotherapie. Der TED-Speaker Simon Sinek machte es zum zentralen Begriff seines Ratgebers „Start with Why“. Auch die Positive Psychologie sieht im Sinnerleben eine Säule für ein glückliches und gelingendes Leben – neben positiven Gefühlen, Flow, guten Beziehungen und Erfolgserlebnissen.

Wie finden wir dieses „Warum“?

Wenn wir die hohe Luft der Philosophen hinter uns lassen und uns in die „Niederungen“ des Arbeitsalltages begeben, dann begegnet uns in den sozialen und klassischen Medien immer öfter der Begriff „Purpose“. Eigentlich nur der englische Begriff für „Zweck“ oder „Ziel“ steht er für die Sinnhaftigkeit der Arbeit bzw. für sinnstiftende Arbeit.

In Unternehmen, die stark auf Gewinnmaximierung fokussiert sind, wird der eigentliche Unternehmenszweck oft durch die Jagd nach den Quartalszahlen verdeckt. Dementsprechend wird es zur Aufgabe für die Einzelnen und noch mehr für die Führungskräfte, diesen Unternehmenszweck und damit die Sinnhaftigkeit der Arbeit wieder sichtbar und erlebbar zu machen.

Es gibt auch Geschäftsmodelle, die für viele Menschen mehr oder weniger sinnfrei erscheinen. Entsprechend wächst bei manchen das Bedürfnis nach einer sinnvollen Betätigung, die Gutes für die Menschen und die Menschheit tut. Leider nicht so stark, dass sich die Menschen in Massen für eine Karriere als Kinder-, Kranken- oder Altenpflegekräfte entscheiden würden.

Die japanische Antwort

Jeder muss für sich entscheiden, was eine sinnstiftende Arbeit ist. Die Japaner haben als Hilfe Ikigai entwickelt. Ikigai bezeichnet grob auf Japanisch eben genau den „Sinn des Lebens“, wobei der zweite Wortteil „gai“ sehr pragmatisch auf Begriffe wie Effekt, Resultat, Frucht, Wert, Nutzen verweist.

Der Begriff existierte schon lange in der japanischen Kultur in unterschiedlichen Nuancen. Erst in den sechziger Jahren wurde er von der japanischen Psychologin Mieko Kamiya neu popularisiert. Schließlich fand er seinen Weg in den Westen, unter anderem durch die Erwähnung in einem TED-Talk von Dan Buettner über Langlebigkeit. Aber vor allem durch ein virales Kreisdiagramm, das der Blogger Marc Winn 2014 entwarf. Darin setzte er die Begriffe „Purpose“ und „Ikigai“ gleich.

Das Schöne an diesem Ansatz ist es, dass er bei uns selbst und den Menschen in unserem Umfeld ansetzt: Wir sind in dieses Leben gestellt und entdecken unser Umfeld, eigene Begabungen und Neigungen. Währenddessen stellt uns das Leben vor Herausforderungen, an denen wir wachsen oder zerbrechen können.

In vier Fragen zum Traumjob

Dementsprechend geht es bei der Suche nach dem eigenen Ikigai um vier Fragen im Zusammenhang mit dem, was wir im Leben tun:

  • Du liebst es? – Macht dir diese Tätigkeit Freude?
  • Du bist großartig darin? – Bist du wirklich begabt auf diesem Gebiet?
  • Du wirst dafür bezahlt? – Gibt es für diese Tätigkeit einen Markt?
  • Die Welt braucht es? – Braucht die Welt jemanden, der genau das tut?

Können wir alle vier Fragen bei einer konkreten Tätigkeit oder Aufgabe mit „Ja“ beantworten, hätten wir die zu uns passende sinnstiftende Arbeit gefunden. Klingt vielleicht trivial, ist es aber nicht. Unsere Fähigkeiten und die Angebote unserer Umwelt sind vielfältig. Nicht überall, wo wir hineinpassen würden, gehören wir auch hin.

Jeder Bereich zählt

Mehr noch: Auch wenn eine Tätigkeit oder eine Aufgabe kein solcher Volltreffer ist, kann sie zum Gefühl von Ikigai beitragen:

  • Wenn wir mit Geschick und Hingabe einer Sache nachgehen, leben wir eine Passion.
  • Wenn wir kompetent einer bezahlten Arbeit nachgehen, haben wir den passenden Beruf (Profession).
  • Wenn wir gegen Geld etwas tun, das die Welt braucht, gehen wir einer Berufung nach.
  • Wenn wir mit Hingabe etwas tun, das die Welt braucht, erfüllen wir eine Mission.

Eventuelle Unzufriedenheiten können wir leichter zuordnen, wenn wir erkennen, dass einer der vier Faktoren fehlt. Das ermöglicht, sich neu auszurichten und die fehlende Komponente auch noch zu integrieren. Der australische Coach Nicholas Kemp kritisiert die dargestellte Verkürzung von Ikigai auf den Arbeitskontext. Praktisch ist sie trotzdem. Zumindest, um die Sinnerfüllung in der Arbeit zu steigern.

Jenseits der Arbeitswelt

Bei allem Nutzen von Ikigai für den Beruf sollte nicht übersehen werden, dass jeder einzelne Bereich – Liebe, Geschick, Bedarf und Entlohnung – auf das Gefühl einzahlen kann, dass das Leben sich lohnt. Darin gleicht das Ikigai-Konzept dem PERMA-Modell der Positiven Psychologie. Demzufolge nimmt das Glück und das subjektive Wohlbefinden zu, wenn positive Gefühle, Flow, guten Beziehungen, Erfolgserlebnisse und eben auch Sinnerfahrungen häufig erlebt werden.

Ich zum Beispiel übe beharrlich mit einer Freizeitsport-Gruppe Judo. Mit wenig Geschick, aber viel Freude, Demut und dem Ziel, dies noch mit achtzig Jahren tun zu können. Auch wenn es dafür kein Geld gibt und ich niemanden in Not verteidigen könnte, das regelmäßige Üben in der Gemeinschaft macht das Leben immer wieder lebenswert.

Es muss also nicht immer die hohe Luft des Sinns des Lebens sein, die uns weckt, stärkt und für jeden neuen Tag belebt. Es dürfen auch die Freude und Gemeinschaft sein, die wir miteinander teilen. Und manchmal macht dies das Leben schon lebenswert genug.

Michael Stief (58) ist Experte für Positive Kommunikation, Teamwork und Führung und Gründer des Beratungsnetzwerks POSITIVE HR. MANAGEMENT (positive-hr.de).

Kinder stehen vor einer der Tafel der Happy Child Schule, die von Cargo Human Care unterstützt wird. (Foto: Patrick Kuschfeld)

Kenia: „Wenn ein Kind keine Bildung bekommt, dann ist es verloren“

Fokko Doyen hat die Hilfsorganisation „Cargo Human Care“ mitgegründet. Das Projekt wuchs immer weiter, motiviert durch einen kleinen Jungen mit Herzklappenfehler.

Fokko, was hat es mit dem Namen „Cargo Human Care (CHC)“ auf sich?

Fokko Doyen: Ich habe das Hilfsprojekt 2002 mit Kollegen von Lufthansa Cargo initiiert, wo ich die letzten 20 Jahre als Kapitän gearbeitet habe. Der Vorstand von Cargo hat dann beschlossen, uns zu unterstützen – in Form von kostenlosen Flügen für unsere Ärzte und aktiven Mitarbeiter. Das sind 100.000 Euro, die wir jedes Jahr sparen.

Was motiviert dich bei deiner Arbeit für CHC?

Doyen: Ein Kind, das mir besonders am Herzen lag, war John Kaheni. Ich habe ihn 2004 kennengelernt. Er war damals zehn Jahre alt und lebte im Mothers’ Mercy Home, einem Waisenheim in Kenia. John hatte einen Herzklappenfehler und musste operiert werden. Die Kirche als Trägerin des Heims konnte sich das nicht leisten. Deshalb habe ich mit Freunden Geld auf dem Weihnachtsmarkt gesammelt und die Operation bezahlt.

John hat sich dann schnell erholt und die Schule abgeschlossen. Anschließend hat er eine Ausbildung angefangen, er wollte in die Filmindustrie. John war wie ein eigenes Kind für mich. Leider ist er 2014 gestorben, weil nicht erkannt wurde, dass er eine neue Herzklappe brauchte. Zu diesem Zeitpunkt haben wir ein Heim für Schulabgänger geplant und gebaut und dann nach ihm benannt. Das hat mich nach seinem Tod wieder neu motiviert.

„Wenn du in Afrika krank bist und kein Geld hast, musst du sterben“

Medizin und Bildung – warum diese Schwerpunkte?

Doyen: Diese beiden Bereiche werden von der Regierung in Kenia völlig vernachlässigt. Wenn ein Kind keine Bildung bekommt, dann ist es verloren und endet als Tagelöhner. Nur mit Bildung kommt man raus aus dieser Misere. Bezüglich Medizin: Sven Sievers, der Arzt, mit dem ich das Medical Center aufgebaut habe, hat gesagt: „Wenn du in Afrika krank bist und kein Geld hast, musst du sterben.“ Dem wollen wir entgegenwirken.

Wie hilft CHC konkret in Kenia?

Doyen: Mittlerweile haben wir ein Medical Center mit zwölf lokalen Angestellten und 46 deutschen Ärzten, die ehrenamtlich in kurzen Einsätzen vor Ort sind. Wir führen jedes Jahr über 30.000 Behandlungen bei 10.000 Patienten durch – für viele umsonst. Außerdem unterstützen wir das Mothers’ Mercy Home. Das haben wir Stück für Stück ausgebaut. Inzwischen haben wir auch zwei Schulen finanziert. Ein zweites Heim haben wir für Schulabgänger errichtet, die wir in der Berufsausbildung oder im Studium fördern.

Warum sollte jemand an euch spenden?

Doyen: Wir können sicherlich nicht die Welt retten und auch nicht ganz Kenia, aber wir können einer kleinen Anzahl von Menschen helfen, durch Bildung aus der Armut rauszukommen. Und diese können dann wieder Vorbilder für die nächste Generation sein. Meine Mitstreiter und ich sorgen auch durch häufige Präsenz vor Ort dafür, dass die Spenden wirklich bei den Menschen ankommen. Letztes Jahr hatten wir 0,3 Prozent Verwaltungskosten – wir arbeiten alle ehrenamtlich.

Die Fragen stellte MOVO-Volontär Pascal Alius.

Cargo Human Care arbeitet zusammen mit lokalen Partnern (vor allem Kirchen) in Kenia. CHC konzentriert sich gleichermaßen auf die medizinische Versorgung von Armut Betroffener sowie die Versorgung und Zukunftssicherung der Kinder im Mothers’ Mercy Home. cargohumancare.de

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Vermögen aufbauen: „Man sollte wenigstens zehn Prozent der Einkünfte zurücklegen“

Menschen geben mehr aus, als sie einnehmen, kritisiert Finanzberater Duc Pham. Er verrät, wie Geldanlage richtig geht und was Kaffee mit Sparen zu tun hat.

Duc, was ist deine Mission?
Duc Pham: Ich möchte, dass meine Mitmenschen ein selbstbestimmtes Leben führen, in dem sie sich nicht von Konsum und Werbung manipulieren und in finanzielle Abhängigkeit bringen lassen. Denn viele leben von der Hand in den Mund und kommen finanziell auf keinen grünen Zweig. Im schlimmsten Fall sind sie verschuldet. Das macht sie unfrei und sie arbeiten oft nur dafür, ihren finanziellen Verpflichtungen irgendwie nachzukommen.

Du zeichnest ein sehr düsteres Bild.
Findest du? Der Coffee to go, der schnelle Snack auf die Hand oder die witzige App zum kostenpflichtigen Download sind allgegenwärtig und gelten als Ausdruck von Lifestyle. Dabei zerrinnt den Leuten ihr versteuertes Nettoeinkommen, das überhaupt noch übrig bleibt nach Abzug von Miete und anderen Fixkosten, zwischen den Händen.

Und nebenbei vermüllen unsere Straßen und Landschaften mit den Resten von Starbucks, McDonald’s, Red Bull & Co. Die geschickte Werbung ist allgegenwärtig, die Verpackungen produzieren eine Unmenge an CO2 und Müll, die Konsumenten werden dick – und es fehlt ihnen das Geld, fürs Alter vorzusorgen.

Pham: Kreislauf aus Enttäuschung und Konsum durchbrechen

Was schlägst du stattdessen vor?
Den Zusammenhang zwischen Enttäuschung im Alltag und vermeintlicher Belohnung durch Konsum zu durchbrechen. Die Alternative ist Persönlichkeitsentwicklung, um mir solche Abhängigkeiten bewusst zu machen – und sie aufzulösen. Das kann durch eine veränderte innere Einstellung geschehen, dass ich anders auf meine Umwelt reagiere; indem ich meine Umwelt verändere oder mir eine andere suche, die besser zu mir passt.

Hast du das so gemacht?
Ja. Ich bin als Kind vietnamesischer Eltern, die kein Deutsch sprachen, hier zur Welt gekommen. Mein Vater hat meine Mutter sehr früh verlassen und wir haben in meiner Kindheit von Sozialhilfe gelebt. Sparen war kulturell wie auch aus unserem Mangel heraus oberste Prämisse.

Meine Mutter hat mich regelrecht zu einem Sparfuchs erzogen und zugleich habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich all das nicht brauchte, was andere an Spielzeug, Urlaub und vermeintlichen Annehmlichkeiten oft sogar im Überfluss hatten. Das hat mich konsumresistent und gesellschaftskritisch gemacht.

Mit 25 Jahren zum Filialleiter einer Bank geschafft

Und wie ging es weiter?
Weil ich Deutsch erst allmählich im Kindergarten gelernt habe, hat es für das Gymnasium und Abitur nicht gereicht. Nach der Mittleren Reife habe ich eine Banklehre gemacht, weil dieser Beruf in Vietnam sehr hohes Ansehen genießt. Und weil ich aus dem Mangel meiner Kindheit herauswollte, habe ich mich mächtig reingehängt, nebenbei noch an der Fern-Uni studiert und war mit 25 Jahren bereits Filialleiter.

Heute arbeitest du aber als freiberuflicher Finanzcoach in Berlin.
Ja, ich habe gemerkt, dass mir die Strukturen einer Bank zu eng sind, ich ein Faible fürs Unterrichten und Coachen habe und ich andere Menschen befähigen möchte, ihren eigenen Weg zu gehen.

„Der Engpass beim Vermögensaufbau ist, dass man mehr ausgibt als man einnimmt“

Seit 2018 gibst du Online-Seminare. Was lernen die Leute bei dir?
Wie erwähnt, das eigene Konsumverhalten kritisch zu durchschauen; die eigenen Einnahmen auf Verschwendungspotenziale hin zu durchleuchten und die eigenen Glaubenssätze zum Thema Geld, die meist schon von den Eltern geprägt sind, kritisch zu hinterfragen, z. B. „Geld macht nicht glücklich“ oder „Aktien taugen nichts“.

Ab 3.000 Euro netto im Monat – das ist untersucht – macht noch mehr Einkommen nicht glücklicher. Der Engpass beim Vermögensaufbau ist, dass man mehr ausgibt als man einnimmt. Schon bei Ausbildungsvergütungen können Lehrlinge 20, 50 oder 80 Euro pro Monat durch ein verändertes Verhalten sparen. Den Kaffee zum Beispiel zu Hause trinken oder ein Vesper mitnehmen.

Was rätst du Interessierten?
Man sollte wenigstens zehn Prozent der Einkünfte zurücklegen – am Monatsanfang. 30 Prozent sind besser. Meine persönliche Sparquote liegt bei 70 Prozent. Allein schon wegen des rasanten Klimawandels sollten wir mehr Second Hand kaufen, Güter gemeinsam nutzen – Stichwort Sharing Economy – und uns generell überlegen, was wir wirklich brauchen. So summiert sich das monatliche Kindergeld von derzeit 204 Euro von der Geburt bis zum 25. Lebensjahr, wenn es immer konsequent angelegt und mit sieben Prozent verzinst wird, auf gut 154.000 Euro.

„Ständige Umschichtungen und Kurswechsel gefährden den linearen Trend“

Und wo bekommt man sieben Prozent Zinsen?
Mit Fonds, Immobilien, Firmenbeteiligungen oder Aktien ist eine solche Verzinsung realistisch, zumal über 25 Jahre hinweg ein Mittelwert. Wichtig ist – besonders zu Beginn –, breit in Branchen und Kontinente zu streuen, um Risiken zu minimieren. Und dann Ruhe zu bewahren und Geduld aufzubringen. Denn ständige Umschichtungen und Kurswechsel gefährden den linearen Trend.

Solche Renditen sind auch möglich mit Investitionen in regenerative Energien, Trinkwasseraufbereitungsanlagen, die Umrüstung von Diesellinienbussen auf Wasserstoff oder ökologische Bauformen mit Holz, Lehm oder Hanf.

Dafür braucht es aber Wissen und Informationen.
Vor der Investition in Sachwerte steht ohnehin die Investition in die eigene Bildung und Persönlichkeitsentwicklung. Deshalb schaden schlecht bezahlte Jobs in der Jugend oder Ehrenämter nicht, um Erfahrungen zu sammeln, etwa in Bereichen wie Disziplin, Vertrauen oder Selbstorganisation. Weniger Wohnfläche, Duschen und Heizen sind Positionen, die Sparpotenzial bergen. Und Berufstätige, die stets die Hälfte jeder Gehaltserhöhung zurücklegen, müssen nicht mal auf etwas verzichten und der Zinseszinseffekt arrangiert den Rest.

„Da beginnt Freiheit, um etwa einen Job zu wechseln“

Du unterscheidest vier Phasen von Wohlstand. Welche?
Am Anfang steht die finanzielle Abhängigkeit, bei der sich Ein- und Ausgaben die Waage halten. Von finanzieller Sicherheit spreche ich, wenn jemand drei Monate ohne Einnahmen seine Ausgaben bestreiten kann. Da beginnt Freiheit, um etwa einen Job zu wechseln.

Finanzielle Unabhängigkeit beginnt demnach, wenn passive Einkünfte reichen, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Finanzielle Selbstverwirklichung ist schließlich erreicht, wenn ein Vermögen über den eigenen Tod hinaus noch wirkt, zum Beispiel in Form einer Stiftung, die dauerhaft bleibt.

Und warum arbeitest du noch 60 Stunden die Woche?
Ich mache nur, was ich auch als Hobby betreiben würde. Meine Leidenschaft ist, Menschen zu befähigen, mündig mit Geld umzugehen. Ob sie es dann selbst verwalten, weil es ihnen Spaß macht, oder an einen Profi delegieren, bleibt ihnen überlassen. Mein Ziel: In meiner Heimatstadt Braunschweig die Volkswagen-Halle mit Menschen zu füllen, die mir als Finanzcoach zuhören.

Die Fragen stellte Leonhard Fromm.

Duc Pham, der 29-jährige Deutsch-Vietnamese, ist ein Vorbild, was Selbstdisziplin und Integration von Migranten anbelangt. Der Ex-Banker, der bereits mit 25 Jahren eine Filiale der Braunschweiger Volksbank leitete, dient Männern und Frauen als Mutmacher. (ducpham.de)

Ethik 4.0

SERIE: POLITIKBETRIEB VON INNEN

 

Moralische Maßstäbe für das Zeitalter der Digitalisierung

Meine Tochter Melissa lächelt mich an. Sie ist erst wenige Tage alt. Als frisch gebackener Vater platze ich fast vor Stolz. Bis meine Frau trocken kommentiert: „Das ist ein Reiz-Reaktionsschema, du hättest ihr auch einen Smiley hinhalten können.“ Es gibt Momente, wo man sich fragt, ob es vernünftig war, eine Pädagogin zu heiraten … Natürlich hatte Christine recht. Nur: Ersetze die persönliche Zuwendung dauerhaft durch ein „technisches“ Hilfsmittel oder beschränke sie auf die rein materielle Versorgung und das Kind wird nicht lange überleben (wie die sogenannten „Kasper Hauser-Versuche“ im Mittelalter gezeigt haben). Dieses kleine Erlebnis wirft eine ethische Fragestellung auf: Wo kann Technik den Menschen ersetzen – und was kann nur der Mensch dem Menschen geben?

Die sogenannte „Digitale Revolution“ wird häufig mit der „Industriellen Revolution“ des 19. Jahrhunderts verglichen. Und tatsächlich, es gibt viele Parallelen: Die Erfindung der Maschinen führte zu einem kompletten Wandel der Gesellschaft. Die Großfamilie löste sich auf. Entschiedene Erleichterungen für den einzelnen Arbeiter gingen mit der Verelendung der Arbeiterklasse und der Ausbildung einer armen Bevölkerungsschicht Hand in Hand. Mit dem technischen Fortschritt wurde das 19. Jahrhundert auch zum Sozialen Jahrhundert. Große Konzepte wurden entworfen. Neue Parteien und Gewerkschaften entstanden, Sozialversicherungen und Bildungsprogramme wurden entwickelt.

Von kirchlicher Seite wurden vor allem die Prinzipien der katholischen Soziallehre prägend, die auch bei der Entstehung des Grundgesetzes 1949 Pate standen: Personalität, Subsidiarität und Solidarität. Maßstäbe, die auch einer Ethik 4.0 im Zeitalter der Digitalisierung Struktur geben können.

PERSONALITÄT 4.0: MENSCHENWÜRDE UND MENSCHENRECHTE
Im Mittelpunkt der Soziallehre steht das Individuum. Der Mensch als Geschöpf Gottes, mit unverletzlicher Würde ausgestattet. In diesem Sinne fragt die Soziallehre nicht danach, was technisch möglich ist, sondern: Wo dient Technik dem Einzelnen? Digitalisierung bietet Chancen: Sie kann Dienstleistungen zur Verfügung stellen, die Selbstbestimmung und Selbstständigkeit eines Menschen fördern. Sie bietet medizinische Therapien, die noch vor wenigen Jahren undenkbar waren, sie stellt moderne Kommunikationsmittel zur Verfügung. Aber sie kann eben auch zur Vereinsamung führen, wenn technische Hilfsmittel die menschliche Zuwendung ersetzen. Schon heute leiden viele alte Menschen an Deprivation (Vernachlässigung). Die Erfahrungen mit demenzkranken Menschen zeigen, dass dieser Zustand sich durch menschliche Zuwendung deutlich verbessern lässt.

SUBSIDIARITÄT 4.0: FREIHEIT ZUR VERANTWORTUNG
Nach dem Subsidiaritätsprinzip ist die jeweils kleinste Einheit zu berücksichtigen, bevor die höhere Ebene „hilft“ (subsidere = stärken, helfen). Unser föderales Gemeinwesen ist so aufgebaut: Familie vor Staat, Kommune vor Land oder Bund.

Für die Pflege von Menschen heißt das: In der Entscheidungsfindung sind immer zuerst der Patient selber, dann seine Familie, schließlich die Einrichtung und erst dann der Staat zu befragen. Der Staat wird übergriffig, wenn er ohne Einwilligung Daten auswertet, Tests durchführt oder – wie zurzeit diskutiert – Organe verwertet. Andererseits muss die Politik (der Staat) einheitliche Pflegestandards entwickeln, etwa in der Ausbildung, der pflegerischen Qualität oder bei den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wie der Vergütung. Digitalisierung kann hier deutlich entlasten. Ein Hebekran kann helfen, den Patienten regelmäßig zu wenden, ein intelligenter Teppich meldet Stürze, Messgeräte liefern Megadaten zur Evaluierung – und vieles mehr. Die Vereinfachung von bestimmten Tätigkeiten und in der Verwaltung kann zu einer Freisetzung des Personals führen. Die Regel dabei sollte lauten: Technik kann den Menschen ergänzen, ersetzen kann sie ihn nicht.

SOLIDARITÄT 4.0: TEILE UND ZAHLE
Auch wenn der Begriff abgenutzt wirkt: Solidarität ist ein Kerngedanke des Sozialstaates. Sie ist das Grundprinzip der Krankenkassen, der Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Die Jungen und Gesunden zahlen ein, die Kranken und Alten werden durch die Solidargemeinschaft versorgt.

Der demografische Wandel und steigende Gesundheits- und Pflegekosten bringen dieses System zunehmend an seine Grenzen. Digitalisierung bietet in vielen Bereichen die Möglichkeit, Kosten zu sparen.

Aber darin liegt auch eine Gefahr: Wenn an die Stelle sinnvoller Einsparungen die Gewinnmaximierung tritt. Mit Gesundheit und Pflege lässt sich viel Geld verdienen – aber sie sind mehr als (nur) ein Geschäftsmodell. Digitalisierung darf nicht auf Kosten des Personals und damit des Patienten erfolgen. Bei allem technischen Fortschritt wird gelten: Unsere Zukunft ist zwar digital, aber nicht virtuell, für die Menschen ist sie real, Tag für Tag. Um sie menschlich zu gestalten, bietet die Soziallehre einen sinnvollen Orientierungsrahmen.

Kommen wir zu meiner Tochter zurück. Ein Smiley mag kurzfristig ein Reiz-Reaktionsschema auslösen – echte Zuwendung ersetzt er aber nicht.

Uwe Heimowski (54) vertritt die Deutsche Evangelische Allianz als deren Beauftragter beim Deutschen Bundestag in Berlin. Er ist verheiratet mit Christine und Vater von fünf Kindern.

»Sie werden jedes Jahr ärmer!«

Die Zinsen liegen bei null. Das gute alte Sparbuch hat ausgedient. Wie kann dann das Geld heute noch für einen arbeiten? Nachgefragt bei Finanzmakler Hermann Schwietering.

 

Welche Straßen nennen Sie beim Monopoly-Spielen am liebsten Ihr Eigentum?
(lacht) Monopoly spiele ich wahnsinnig gern! Natürlich versuche ich immer, die Schlossallee und die Parkstraße zu bekommen.

Meine Großeltern lebten mir noch das Sparen vor. Was raten Sie Ihren Kindern?
Dass sie ihre Begabung und ihre Berufung leben, dass sie ihr Potenzial erkennen und etwas daraus machen und so ihren Platz im Leben finden.

Und in puncto Finanzen? Für meine Zinserträge im Jahr 2016 bekomme ich nicht mal drei Kugeln Eis. Die Inflation dazugerechnet, schmilzt der kleine Kapitalberg durch die Niedrigzinspolitik langsam ab.
Das ist richtig. Über den Daumen machen Sie derzeit im Jahr 2 % Verlust. Sie werden jedes Jahr automatisch ärmer. Was empfehle ich? Nichts aus der Hüfte. Ich müsste Ihre Ziele und Ihr Risikoprofil kennen. Das würde ich mit Ihnen erarbeiten. Aus den Zielen ergibt sich die Kurz-, Mittel- oder Langfristigkeit einer Anlage, ergänzt mit den individuellen Risikoprofilen. Sobald ich diese kenne, kann ich mich je nach Risikobereitschaft in den Anlageklassen „sicherheitsorientiert“, „ertragsorientiert“, „wachstumsorientiert“ oder „chancenorientiert“ bewegen und entsprechend empfehlen.

Das hört sich sehr komplex an.
Ist es auch, da ein komplexer Prozess in der Auswahl hinterlegt ist. Ich rate, nicht alles auf ein Produkt, sondern auf die richtige Mischung von verschiedenen Produkten zu setzen.

In der Süddeutschen Zeitung las ich: „Männer zocken, Frauen sichern ab.“ Ist an diesem Klischee etwas dran?
Nein! Ich habe schon von vielen Paaren die Risikoprofile abgefragt. Das ist eher eine Frage des Typs, den ich vor mir habe. Ist es ein gewissenhafter Mensch, dann weiß er, was er tut, dann hinterfragt er, dann steigt er tiefer ein. Einer impulsiven Person fällt es leichter, zu zocken.

Welchen Ratschlag würden Sie jeweils einem Dreißiger, Vierziger, Fünfziger geben?
Dem Dreißigjährigen würde ich einen vermögensverwaltenden Ansatz mit einer Mischung aus Aktienfonds und Renten empfehlen, wachstums- und chancenorientiert. Bei einem Vierzigjährigen würde dies auch noch funktionieren, den Aktienanteil würde ich leicht reduzieren. Bei allen spielt der erwartbare Rentenstatus eine große Rolle. Den schaue ich mir genau an. Dem Fünfzigjährigen würde ich eher zu einem mittelfristigen, ertragsorientierten Produkt raten.

Manche Männer setzen auf Aktien. Wie kann man das damit verbundene Risiko minimieren?
Indem Sie auf Fonds setzen. Ich empfehle Fonds mit dem Ansatz einer vermögensverwaltenden Strategie, um so ein Portfolio mit ausgewogenem Risiko zu strukturieren, das den meisten Marktbedingungen, die mittelfristig eintreten könnten, erfolgreich trotzen kann. Ziel ist, dass das Portfolio das investierte Kapital langfristig schützt und über den angestrebten Anlagehorizont stabile Erträge generiert. Dabei ist das eingegangene Risiko bzw. die Risikotragfähigkeit des Kunden ein wichtiger Punkt, den man im Auge haben sollte. Ich würde mir grundsätzlich aber immer ein unabhängiges Gegenüber suchen.

Also nicht allein zu Hause am Computer?
Auf keinen Fall. Die Finanzprodukte sind so komplex. Da rate ich zu einer gemeinsamen Betrachtungsweise, zum Dialog mit einer Person des Vertrauens. Wenn mir jemand den einzig wahren und richtigen Finanztipp gibt, wäre ich schon vorsichtig.

Wenn ich zu Ihnen käme, wie viel Zeit müsste ich mitbringen?
Meine Beratung setzt eine sehr enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit voraus. Ziel ist eine Begegnung in Offenheit und Vertrauen. Dort, wo ich mich öffne, öffnet sich auch der andere. Das erste Gespräch dient dem gemeinsamen Kennenlernen, der Erfassung der aktuellen Situation einschließlich der Zahlen, Daten und Fakten. Ich würde mit Ihnen einen Lebensrückblick und ein derzeitiges Fazit ziehen.

Hört sich aber mehr nach Lebens- statt nach Finanzberatung an …
(lacht) Eine Seelsorgeausbildung habe ich auch. Mir ist der ganze Mensch wichtig. Ich definiere mit den Kunden tatsächlich Lebens- und Lebensphasenziele. Im Gespräch erfassen wir Rollen – zum Beispiel die Rolle im Beruf, als Ehemann oder Vater – und Aufgaben sowie Ziele, die sich daraus ergeben. Daraus leitet sich so etwas wie die strategische Ausrichtung des Lebens mit seinen Chancen und Risiken ab.

Machen Sie diese Lebensanalyse mit jedem?
Ja, mit denen, die Millionen, aber auch mit denen, die ein kleines Geld auf dem Konto haben. Ich schaue mit den Leuten auf ihr Leben und ihre Rollen. Das eigentliche Thema Finanzplanung kommt erst nach etwa zwei Stunden aufs Tableau.

Was empfehlen Sie, damit sich ein Mann im Alter noch das Wohnen in der Turm-, Elisen- oder Theaterstraße leisten kann?
Das ist eine Frage des Lebensstils. Wichtig ist es, rechtzeitig ein Konzept zu erstellen und darin meine aktuelle sowie die später gewünschte Situation abzubilden. Stürme und Unabwägbarkeiten gehören zum Leben. Die kann man oft nicht steuern, aber ein Sturm dauert nicht viele Jahre. Und in den ruhigen Zeiten gilt es, mit Augenmaß für die Zukunft zu planen. Suchen Sie Männergespräche, nehmen Sie Auszeiten im Kloster oder Ähnliches. Wer hier nachhaltig mit seinen inneren Ressourcen umgeht, wird auch den Weg finden im Blick auf seine finanziellen Ressourcen.

Angenommen, Sie kommen auf Los. Sie ziehen sofort 8.000 Euro ein. Was würden Sie damit machen?
Die würde ich langfristig anlegen. Zudem würde ich meiner Frau einen Blumenstrauß kaufen und vielleicht ein, zwei Tage mit ihr irgendwo entspannen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

 

Rüdiger Jope

 

Hermann Schwietering lebt in Köln. Er ist glücklich verheiratet, mit Leidenschaft Vater und Großvater. Seit 25 Jahren berät er Menschen im Blick auf Finanzen. Er ist Gesellschafter von Plansecur. Er engagiert sich im Vorstand der Stiftung »Bildung.Werte.Leben« und der Stiftung »Kloster Gnadenthal«. Weitere Infos unter: www.h-schwietering.plansecur.de

 

RISIKOPROFILE:
• Sicherheitsorientiert: Erwirtschaftung stetiger Erträge aus Zinsen; Erträge auf Geldmarktniveau
• Ertragsorientiert: Erwirtschaftung stabiler Erträge; höhere Zinseinkommen; mögliche Kursgewinne
• Wachstumsorientiert: höhere Chancen und Risiken vorrangig aus Aktien und Währungen
• Chancenorientiert: hohe bis sehr hohe Chancen und Risiken aus Aktien und Währungen