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Pater Nikodemus Schnabel, Foto: adeo, Pascal Nowak

5 Fragen an einen Mönch, die Sie nie stellen würden

Über 1 Million Aufrufe hat das YouTube-Video, in dem Pater Nikodemus Schnabel Fragen zum Mönchsein beantwortet. Hier stellt er sich fünf weiteren.

1. Hattest du schon einmal Zweifel an deiner Entscheidung, ins Kloster zu gehen?

Oh ja, selbstverständlich. Wenn Leute niemals Zweifel haben (auch diejenigen, die in einer Beziehung sind oder in anderen Lebenssituationen), dann würd ich sagen: Leute, denkt mal mehr nach über euer Leben und über das, was ihr tut. Ich glaube, so eine gewisse Unsicherheit, so ein Tasten, Ringen und eben Zweifeln gehört für mich zum Menschsein dazu. Wenn Menschen sich ihrer Sache 120-prozentig sicher sind, wird mir immer ein bisschen mulmig. Ich denke, es ist wichtig, auch mal zu irren, zu scheitern, zu suchen, zu fallen, sich selbst infrage zu stellen. Erst dann wächst man auch als Persönlichkeit. Und ja, Zweifel in jeder Form gehören dazu — selbstverständlich.

2. Bist du schon mal im Gottesdienst eingeschlafen?

Oft steh ich ja dem Gottesdienst vor und müsste umgekehrt fragen: Hab ich die Leute schon dazu gebracht, einzuschlafen? Ja, gesunder Kirchenschlaf ist ja sogar biblisch. Das ist nichts Schlechtes und heißt im Gegenteil, dass man Vertrauen hat, dass man sich wohlfühlt. Trotzdem: Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mal eingeschlafen wäre … Aber ein anderes Problem ist mir durchaus bekannt: wenn im Gottesdienst die Blase drückt. Das ist furchtbar! Meine schlimmste, gewissermaßen traumatischste Erfahrung hatte ich als Ministrant im Fuldaer Dom. Weihnachten, erster Weihnachtsfeiertag. Der Domchor hat gesungen, ich habe die Mitra des Bischofs gehalten — ein großes Pontifikalamt. Direkt hinter mir war eine Weihnachtskrippe mit einem Wasserfall. Die ganze Zeit hab ich dieses Plätschern gehört, und ab dem Kyrie — also relativ am Anfang — hab ich gemerkt: Ich muss zur Toilette! Für mich war das ein Gottesdienst, bei dem ich wirklich durchgelitten habe. Ständig habe ich mich gefragt: Wie weit sind wir? Wann kann ich endlich zur Toilette? Grauenvoll!

Deswegen habe ich bis heute eine große Abneigung, wenn ich in Kirchen gehe und sehe irgendwelche Brunnen, Wasserfälle oder sonstige Wasserspiele … also ehrlich, das gehört verboten! Später haben mir alle gesagt, ich hätte doch einfach rausgehen können. Aber ich war eben noch jung. Da will man natürlich eine gute Figur machen und denkt, alle kriegen es mit, wenn man rausgeht. Heute wäre ich da cooler. Übrigens musste ich auch als Priester in der Osternacht mal auf die Toilette. Da hab ich dann während eines Liedes einfach signalisiert, dass ich rausmuss. Ist ja nur menschlich!

3. Ist eine Reform dahingehend, dass Mönche und Priester Familie haben können – also Abschaffung oder zumindest Überdenken des Zölibats -, sinnvoll und überfällig?

Na ja, den Zölibat für Mönche abzuschaffen, das wäre ja Quatsch. Er gehört zu unserem Wesen — ebenso wie für Nonnen. Auch buddhistische Mönche heiraten nicht. Das Unverheiratetsein gehört nun mal zum Mönchsein. Es abzuschaffen, wäre praktisch die Auslöschung meiner Lebensform. Deshalb wäre ich — sozusagen im Sinne des „Artenschutzes“ und auch im ganz persönlichen Hinblick darauf, dass mein Leben glücklich ist — massiv dagegen. Bitte lasst uns Mönche, wie wir sind. Wir haben eine so große Vielfalt in der heutigen Gesellschaft: Man darf heute lieben, wen, was und so viel man will. Also bitte lasst uns auch das Refugium derer, die so leben wollen wie wir. Wenn es dagegen um das Zölibat für die Diözesanpriester geht — also Weltpriester, die nicht Mönche sind —, dann denke ich, kann man sicher darüber diskutieren. Hier würde ich persönlich das Modell der Ostkirchen befürworten, von dem ich als Ostkirchenkundler ziemlich überzeugt bin: Wenn jemand Priester werden will, sollte er entweder Mönch sein, so wie ich, oder weltlicher Priester werden und heiraten dürfen.

4. Ist es anstrengend, ein Mönch zu sein?

Ja, finde ich schon. Aber ich will gar nicht klagen. Sicherlich gibt es sowohl Menschen, die ein härteres Leben haben, als auch solche, die ein leichteres Leben haben. Grundsätzlich ist es dennoch nicht so einfach, wie man vielleicht denkt. Unser Tagesablauf ist von großer Disziplin geprägt. Arbeit, Gebet, Studium … all das ist sehr strukturiert. Und das Gemeinschaftsleben: So schön es ist, so anstrengend ist es auch. Man kann sich das vorstellen wie eine Großfamilie, in der aber niemand ineinander verliebt ist, sondern wir sind alle Geschwister. Wir nennen uns ja auch „Bruder“. Die Geschwisterbeziehung ist ja im Allgemeinen die längste und gleichzeitig komplexeste Beziehung im Leben eines Menschen. Auch wir sind wie Geschwister, die wir uns nicht ausgesucht haben, die nun aber aufeinanderhängen und miteinander klarkommen müssen. Da gibt es viel Reibungsverlust.

5. Warum sind viele Mönche so dick?

Tendenziell vielleicht … es gibt auch superdünne. Wobei ich da ein schlechtes Beispiel bin, ich bin tatsächlich dick. Aber das ist natürlich auch das Bild in der Werbung, in gewisser Weise stehen wir ja dafür. Um es mal theologisch zu sagen: Christus spricht vom „Leben in Fülle“ — und wir sind eben dem Genuss nicht abgeneigt. Wahrscheinlich sind wir in der heutigen Zeit sogar die Letzten, bei denen Genuss noch wirklich erlaubt ist. Diese ganzen „Anleitungen zur Selbstgeißelung“ … jeder versucht unter größten Anstrengungen, sich und seinen Körper möglichst zu optimieren. Ich dagegen sage: Ich bin von Gott geliebt und von Gott erlöst. Er zählt nicht meine Kalorien und stellt mich nicht jeden Tag auf die Waage. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es Gott egal ist, ob ich ein kleines Bäuchlein hab oder nicht.

Diese und 95 weitere Fragen sind zuerst im Buch „#FragEinenMönch“ (adeo) erschienen. Die Fragen entstanden in Zusammenarbeit mit Sascha Hellen.