Ein Gespräch über Männerglauben, Männerbilder und Männergesang
Braucht Gott Marketing?
Nein. Er braucht es nicht, aber er liebt es. Gott braucht keine Werbung, aber Follower, die von ihm begeistert sind und die Botschaft weitererzählen.
Auf welche Kernmarken würde Gott setzen?
Im letzten Jahr haben wir als Firma eine Kampagne für den katholischen Weltjugendtag in Polen verantwortet. Das Hauptthema war „Selig die Barmherzigen“. Dies ist eigentlich das Thema, das im Vordergrund stehen müsste. Von diesem Begriff her könnte man die Hinwendung, die Wegnahme und die Wiederkehr Jesu bespielen. Barmherzigkeit und Gnade sind Gottes Kernmarken.
Angenommen, ein Konzern würde Ihnen ein großes Budget zur Verfügung stellen, um eine Image-Kampagne für Gott aufzuziehen. Wie sähe diese aus?
Wenn sie sich an die Menschheit allgemein richtet, würde ich das Thema „Nächstenliebe“ besetzen. In Blick auf die junge Generation müsste man stark auf Storytelling gehen. Sinnsuche ist das Thema der jungen Leute zwischen 15 und 30 Jahren. Jesus hat Storytelling übrigens fabelhaft vorgemacht in den Gleichnissen.
Muss man Männern Gott anders verkaufen als Frauen?
Kommt darauf an. Wenn man auf das stereotypische Mannbild setzt, nach dem Motto: Männer sind stark, hart, wild etc., dann ja. Mein Eindruck ist allerdings: Das stereotypische Beharren gerade im christlichen Bereich hat etwas Angstbesetztes. Als Gegenpol zur empfundenen Auflösung der Geschlechter wird sich besonders brachial an den alten Klischees festgeklammert. Das halte ich für aus der Not geboren. Es gibt Männer, die eben eher auf feminine Inhalte ansprechen. Gott hat uns als Mann und Frau geschaffen, aber eben ganz individuell.
Also nicht zurück in den Wald und ans Lagerfeuer?
Wem das gefällt, der soll das gerne machen. Problematisch wird es nur, wenn uns Männern signalisiert wird: Nur wenn du das mitmachst, dann bist du ein richtiger Mann. Ich sage: Lass doch jeden Mann sein, wie er sein will. Mich befremdet das, wenn Männer plötzlich von Identitäts- und Christuserfahrungen schwärmen und dabei nur Stockbrot gemacht, Bäume abgesägt haben und durch den Schlamm gerobbt sind. Ich meine: Man muss dem nicht immer so eine tiefe Ebene beimessen.
Tatsache scheint aber, dass Frauen vom Glauben mehr angesprochen werden … Was schlägt der Medienberater hier vor?
Tendenziell benötigen Männer vermutlich nicht so viel Nettes, sondern eher etwas Handfestes. Männer wollen tiefer einsteigen und nicht plaudern. Männer erreicht man über Standpunkte und Diskussionen. Grundsätzlich würde ich sagen: Schaut, wie die Lebensrealität eurer Männer aussieht und entwickelt daraus mit ihnen gemeinsam ein Programm. Individualität kommt vor Rezept!
Ehrenamtlich bringen Sie sich in der Musikarbeit Ihrer Gemeinde als Lobpreisleiter ein. Warum sollten Männer singen?
Weil das, was ich singe, vom Kopf ins Herz rutscht, weil Lautsein und Grölen eine männliche Eigenschaft ist. Schauen Sie doch mal ins Stadion, da stehen die Männer Arm in Arm und singen.
Warum sitzen dann Männer sonntags mit verschränkten Armen in den Gemeinden und lassen das Singen bloß über sich ergehen?
Als jemand, der selbst vorne steht und für die Atmosphäre verantwortlich ist, frage ich ganz selbstkritisch: Haben wir vielleicht manchmal zu viel Scham, uns zu öffnen? Vor Gott stehen, lauthals von Herzen mitsingen, das wirkt nicht besonders erwachsen, seriös, hört sich vielleicht auch etwas schief an. Und dann muss Mann sich in der Transzendenz auch noch ausliefern. Und das Sich-aus-der-Hand-Geben fällt uns Männern vermutlich doch eher schwer.
Gibt es Ihrer Erfahrung nach einen Musikstil, der Männer eher anspricht?
Hymnen! Eher erdig, umgangssprachlich als kitschig.
Liegt das Heil immer nur in den hipsten Lobpreissongs?
Nein! Da liegt wahrscheinlich eher das Unheil. Es geht nicht um hip oder nicht hip, sondern um die Botschaft, die dahintersteckt. Mein Gefühl ist, dass wir manchmal mehr die Packung anbeten als den Inhalt.
Was zeichnet für Sie ein gutes Lied aus?
Ich muss es nach zwei, dreimal Hören melodisch und inhaltlich verstanden haben. Und es muss eine Botschaft haben, die mit in meinen Alltag geht, mich trägt und herausfordert.
Über die Musikfrage wird in deutschsprachigen Gemeinden viel gestritten. Was raten Sie als Fachmann Männern, Frauen, Jungen und Alten in dieser Frage?
Die Diskussion darüber ist totaler Unsinn. Kein Telefonunternehmen der Welt kann es sich heute noch leisten, nur noch einen Tarif für alle anzubieten. Kein Restaurant der Welt wird alle Menschen mit einem Gericht beglücken. Gemeindeleitungen oder Gemeindeverantwortliche müssen für sich klären: Wen erreichen wir, wen wollen wir erreichen? Und dann gilt es, mutig auf mehrere Anbieter zu setzen oder eben auch nur eine Pizzeria aufzumachen, auch auf die Gefahr hin, dass dann die Liebhaber der Deutschen Küche gehen werden.
Ihr Lieblingschoral ist?
„Großer Gott, wir loben dich.“ Den Song finde ich gar nicht so geil, aber seltsamerweise habe ich ihn immer im Kopf. Ich gehe laufen und plötzlich sind die Zeilen da. Von daher kann er nicht schlecht sein.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Daniel-John Riedl (32) ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Er lebt und arbeitet in Düsseldorf. Auf seinem Weg zum Job entsteht der Blog „Die Geschichte zählt“ (www.diegeschichtezaehlt.com). Neben seiner beruflichen Tätigkeit als Creative Director in der Werbung investiert er sich als Lobpreisleiter in Düsseldorf sowie in vielen konfessionsübergreifenden Initiativen. Er ist Initiator des Lobpreis-Netzwerks LIVEWORSHIP.